Durch die Nullarbor Plain nach Adelaide

Ein Schild kurz nach dem Einbiegen auf den Eyre Highway bei Norseman in Western Australia zeigt die Entfernung nach Adelaide an: 1.986 km. Uns wird damit in Erinnerung gerufen, wie riesig die Entfernungen in Australien sind. Vor uns liegt die schier endlose Nullarbor Plain. Der Name ist aus dem Lateinischen abgeleitet. Nullus arbor bedeutet kein Baum, Nullarbor Plain also so viel wie baumlose Ebene.

Und auch sonst ist diese Region ziemlich leer. Denn die „Orte“, die vor uns liegen und die auf jeder Australien-Karte eingezeichnet sind, bestehen auf den nächsten mehr als 1.000 km, bis weit nach South Australia hinein, ausnahmslos aus sogenannten Roadhouses, das sind Tankstellen mit Imbiss oder Restaurant, Motelbetrieb und Caravan Park. Jeweils nur wenige Gebäude also, mehr nicht. Allerdings sind es wahrhaft Oasen im Nichts. Hier findet der Reisende eigentlich alles, was er braucht. Bis auf frisch gezapftes Bier. Jedenfalls haben wir keins gefunden. Doch verdursten müssen wir deshalb nicht. Schließlich haben wir einen Kühlschrank und ein gut sortiertes Geränkelager an Bord.

Bei Norseman biegen wir auf den Eyre Highway ein.
Auf dem Eyre Highway. Noch sind Bäume reichlich vorhanden.

Am ersten dieser Roadhouses, in Balladonia, übernachten wir. Wikipedia weiß zu diesem Platz Folgendes zu vermelden: „Im Juli 1979 rückte Balladonia ins Blickfeld der Weltöffentlichkeit, als Teile der Skylab-Station in den frühen Morgenstunden, ohne jemanden zu verletzen, in der Umgebung abstürzten. Einige der Teile sind in einer sich im Balladonia Roadhouse befindlichen Ausstellung zu besichtigen.“ Diese nicht übermäßig imposanten Trümmerteile sehen wir uns natürlich an. Dabei erfahren wir noch, dass der damalige US-Präsident Jimmy Carter kurz nach dem Absturz von Skylab persönlich im Balladonia Roadhouse angerufen hat, um sich für den Absturz und die damit verbundenen Unannehmlichkeiten zu entschuldigen.

Im Balladonia Roadhouse. Im Hintergrund betrachtet Hildegard Reste der abgestürzten Skylab-Mission.

Kurz hinter Balladonia wird der Eyre Highway schnurgerade. Auf 90 Meilen bzw. 146,6 km gibt es laut Hinweisschild nicht die kleinste Biegung oder Kurve. Wobei die Umrechnung von Meilen in Kilometer leicht missglückt ist. Es geht immer nur exakt geradeaus. Das Lenkrad einrasten geht jedoch trotzdem nicht, denn manchmal wird man von der Straße gescheucht. Das passiert uns, als uns wieder mal ein Schwertransporter in Überbreite mit einem Minen-Fahrzeug auf der Ladefläche entgegen kommt.

Hier beginnt das längste gerade Straßenstück in Australien.
Solche Transporter haben immer Vorfahrt. Wir müssen von der Straße herunter.

Mit Ausnahme solcher Begegnungen ist die Fahrt nicht sonderlich ereignisreich. Allerdings wird jedes Roadhouse von uns als willkommene Abwechslung für eine Pause genutzt. Das Cocklebiddy Roadhouse, das sich nach dem Keilschwanzadler (Wedgetail Eagle) auch Wedgetail Inn nennt, beziffert auf einer Tafel vor dem Eingang die Zahl der Bewohner: 8 Personen, 25 Wellensittiche, 7 Wachteln, ein Hund und 1.234.567 Kängurus. Die Zahl der Kängurus ist dabei vermutlich nur geschätzt. Merkwürdigerweise sind ausgerechnet die beiden imposanten Keilschwanzadler, die in einer riesigen Voliere hinter dem Roadhouse gehalten werden, auf der Tafel nicht erwähnt.

Eingang des Cocklebiddy Roadhouses
Die beiden Keilschwanzadler in der Voliere des Cocklebiddy Roadhouses

Kurz vor dem Madura Roadhouse ca. 100 km weiter finden wir unmittelbar am Madura Pass einen wunderschönen Stellplatz mit Blick auf die unter uns liegende baumbestandene Ebene. Echtes Nullarbor ist das hier definitiv noch nicht. Vielmehr erinnert es uns wieder, wie schon Teile des Karijini National Parks, an Afrika, an die Serengeti. Es fehlen aber wieder die Elefanten. Immerhin scheuchen wir aber bei einem Streifzug um unseren Stellplatz herum ein paar Kängurus auf. Am Abend genießen wir draußen vor Leoni eine gute Flasche australischen Merlot sowie den herrlichen Sternenhimmel. Große und Kleine Magellansche Wolke stehen direkt vor uns. Das Kreuz des Südens lässt dagegen noch auf sich warten. Es erscheint erst später in der Nacht.

Stellplatz direkt oberhalb des Madura Passes
Von uns aufgescheuchte Kängurus

Den angesammelten Toiletteninhalt entsorgen wir am nächsten Morgen in dem mit Recht so beliebten Etablissement am Straßenrand, das gemäß einer kunstvoll gestalteten Aufschrift als „The Poo Museum“ firmiert (s. Foto). Eine Übersetzung ins Deutsche lässt sich problemlos im Internet finden.

Das mit Recht so beliebte Etablissement am Straßenrand, das als „The Poo Museum“ firmiert

Wir fahren viele Kilometer am Fuße der Abbruchkante entlang, an deren Rand wir die letzte Nacht verbracht hatten. Von Nullarbor kann weiterhin eigentlich keine Rede sein. Der Baumbestand wechselt zwar in seiner Dichte, ist aber immer vorhanden. In Eucla, dem letzten Roadhouse in Western Australia, tanken wir Leoni voll und fahren hinüber nach South Australia. Der Zeitunterschied zu Deutschland erhöht sich sprunghaft auf 9,5 Stunden, was die weitere Kommunikation mit der Heimat in der nächsten Zeit deutlich erschweren wird.

South Australia ist erreicht.

Direkt an der Grenze beginnt der Nullarbor National Park. Bis Adelaide sind es gemäß Straßenschild jetzt noch 1.253 km. Auf einem weiteren Schild wird vor Wildlife auf den nächsten 88 km gewarnt. Warum gerade 88 km, bleibt unklar. Denn 500 km oder 1.000 km wären sicher genauso richtig gewesen. Aber nach 88 km kommt sicher ein Folge-Schild mit weiteren x km.

Noch 1.253 km bis Adelaide
In 89 km besteht keine Gefahr mehr. Oder doch?

Die auf dem Schild abgebildeten Kamele und Wombats haben wir bisher, zumindest in freier Wildbahn, auf unserer Australien-Reise noch nicht gesehen, wohl aber Kängurus. Vor allem im plattgefahrenen Zustand. Auf den letzten paar hundert Kilometern lagen geradezu unglaublich viele tote Kängurus am Straßenrand, manchmal alle 50 m eines. Es ist eigentlich unbegreiflich. Geschätzt haben wir ohne Übertreibung seit Norseman bestimmt fünfzigmal mehr tote Kängurus gesehen als lebende. Vielleicht waren es auch hundertmal so viele.

Schon vor etlichen Wochen haben wir auf Anraten einer Rangerin sogenannte „Roo Stoppers“ gekauft und vorne an Leoni montiert. Der Fahrtwind erzeugt in ihnen Ultraschall-Geräusche, die von den Kängurus als sehr unangenehm wahrgenommen werden und sie vor dem herannahenden Fahrzeug fliehen lassen. Hoffen wir, dass es wirkt.

Im Nullarbor National Park fahren wir endlich durch eine tatsächlich vollkommen baumlose Ebene. Leider sehen wir weder Kamel noch Wombat und auch kein einziges Känguru mehr, dafür aber unseren ersten Dingo. Wahrscheinlich entdecken wir ihn nur, weil er ein paar hundert Meter vor uns die Straße überquert und sich dann im straßennahen Gebüsch tummelt.

Im Nullarbor National Park gibt es tatsächlich praktisch keine Bäume mehr.
Unser erster Dingo

Wildlife ist allerdings gar nicht unbedingt das Top-Thema im Nullarbor National Park. Denn dieses Prädikat kommt ohne Zweifel der eindrucksvollen Felsküste zu, die auf 200 km Länge ohne natürlichen Hafen senkrecht 60 bis 80 m zum Ozean hin abfällt. Die Bunda Cliffs genannten Klippen liegen meistens nur ein paar hundert Meter südlich des Eyre Highway und sind an mehreren Stellen über kurze Stichstraßen zu erreichen. Und in der Regel sind die Lookouts an deren Ende perfekt mit Geländern und Ketten abgesichert.

Für die Stichstraße bei Kilometer 38 ab der Grenze zu Western Australia gilt das allerdings nicht. Wir fahren hier mit Leoni dicht an die Abbruchkante heran und richten uns 7 bis 8 m von dieser entfernt zur Übernachtung ein. Der Platz ist einfach nur genial und der Ausblick nach Osten und Westen geradezu unbeschreiblich. Es ist sicher einer der spektakulärsten Übernachtungsplätze, den wir auf unseren Reisen je hatten. Wir sitzen staunend auf unseren Stühlchen vor Leoni und lassen uns den Wind um die Nase wehen.

Gerade sind wir an unserem Übernachtungsplatz an den Bunda Cliffs angekommen.
Am nächsten Morgen
Die Bunda Cliffs etwas weiter östlich

Leider entwickelt sich der Wind am Abend und in der Nacht zum Sturm. Leoni wird heftig durchgeschüttelt – und wir folglich auch. An Schlafen ist kaum zu denken. Vielleicht war die Stellplatzwahl doch nicht so geschickt. Wir hoffen einerseits, dass Leoni nicht ins Meer geweht wird, und andererseits, dass die Kliffkante standhält und nicht mit uns oben drauf abbröckelt. Es ist eine unangenehm lange Nacht, die wir aber letztlich unbeschadet überstehen. Sobald es hell wird, suchen wir das Weite.

Auf unserem weiteren Weg werden wir von einer am Straßenrand heftig winkenden Dame angehalten. Sie heißt Fiona, ist allein unterwegs, und ihr Fahrzeug hat den Geist aufgegeben. Laut Auskunft eines vorbei gekommenen Lastwagenfahrers ist die Lichtmaschine defekt. Starthilfe macht daher nicht allzu viel Sinn. Wir kennen diese Situation nur allzu genau. Vor gut einem Jahr hatten wir in Ost-Kanada das exakt gleiche Problem. Kurzschluss im Stator der Lichtmaschine. Wir waren damals auch auf fremde Hilfe angewiesen und froh, diese zu erhalten.

Diesmal ist es nun umgekehrt. Alles gleicht sich irgendwann und irgendwie aus. Fiona bittet uns, sie bis zum Nullarbor Roadhouse abzuschleppen, was wir sehr gerne tun. Das Roadhouse ist nur etwa 20 km entfernt und schnell erreicht. Fiona ist voll Dankbarkeit. Wir lassen sie in der Obhut der Roadhouse-Werkstatt zurück.

Das Abschleppseil wird befestigt.
Und jetzt bekommt Leoni einmal etwas anderes zu tun.
Dies ist nicht das aktuelle, sondern das historische Nullarbor Roadhouse. Sieht aber auch gut aus.

Wir fahren nach Fowlers Bay, wo wir für zwei Nächte auf dem Caravan Park einchecken. Von Fowlers Bay aus startete Edward John Eyre 1840 seine berühmte Expedition zur Durchquerung der Nullarbor Plain.

Wir wollen hier dagegen nur ein bisschen ausspannen. Doch daraus wird nichts. Es reicht nur für einen kurzen Spaziergang am Strand entlang. Denn am Abend beginnt die Anzeigetafel in der Kabine zu piepen. Die zugehörige Anzeige lautet „Batterie II leer“. Das sind die beiden Batterien im Motorraum. Die beiden für die Versorgung der Kabine zuständigen Batterien firmieren unter Batterie I.

Am nächsten Morgen frühstücken wir erst einmal, und dann versuche ich Leoni zu starten. Die Betonung liegt auf „versuche“. Nichts rührt sich. Für genau solche Fälle habe ich vor der Verschiffung von Leoni nach Australien einen Booster gekauft. Der kommt jetzt zum ersten Mal zum Einsatz. Es funktioniert. Leoni springt an.

Das Ganze ist fast nicht zu glauben. Gerade haben wir ein liegen gebliebenes Fahrzeug abgeschleppt, und ein paar Stunden später haben wir ein fast gleiches Problem. Hinzu kommt: Es ist Freitagmorgen, und das Wochenende steht vor der Tür. Wir beschließen daher, sofort nach Ceduna zu fahren und das Problem dort beheben zu lassen. Ceduna ist die erste nennenswerte Ansiedlung seit Norseman und verfügt über praktisch alle Versorgungsmöglichkeiten.

1 km vor Ceduna ist aber auch noch die Fruit Fly Control. Hier verlieren wir ein paar Lebensmittel, die nicht nach South Australia eingeführt werden dürfen. Unser Zeitplan ist durch unser Batterie-Problem durcheinander geraten, und wir haben es nicht geschafft, alles rechtzeitig aufzuessen. Es fehlte einfach die fest eingeplante zweite Nacht in Fowlers Bay.

An der Ceduna Quarantine Station

In der Kfz-Werkstatt wird eine der beiden Batterien im Motorraum als Ursache des Schadens identifiziert. Wir lassen beide austauschen und legen auf dem geschickt mitten im Ort gelegenen Caravan Park eine mehrtägige Pause ein. Das Hotel nebenan hat einen schönen Pub mit etlichen Zapfstellen für verschiedene leckere Biersorten. Hier bekommen wir erstmals Kontakt zu Aborigines, denen das Bier hier offenbar auch gut schmeckt.

Kontakte zu Aborigines sind unserer Erfahrung nach in der Regel recht schwierig und gelingen nur selten. Es ist sehr auffällig, dass Weiße und Schwarze in Australien eher nebeneinander und nicht miteinander leben. Unsere beiden neuen Bekannten sind keine reinrassigen Aborigines, betrachten sich diesen aber zugehörig. Mit Blick auf draußen auf den Gehwegen und in den Anlagen am Strand herumlungernde andere Aborigines zuckt einer der Beiden mit den Schultern, im Sinne von „Was kann man machen?“ und sagt: „But they are family – sie gehören zur Familie.“ Der Großvater des Einen war ein russischer Walfänger, folglich hat er einen russischen Familiennamen. Der Andere verweist sogar auf seinen eindeutig deutschen Nachnamen. Wie der genau zustande kam, bleibt für uns unklar. Auch aufgrund des bösen Alkohols ist die Kommunikation schwierig. Erstaunlicherweise werde ich am Ende unseres Gesprächs von einem der Beiden geradezu gedrängt, ein Foto von ihnen zu machen. Das mögen Aborigines normalerweise gar nicht.

Die Batterien im Motorraum werden ersetzt.
Unsere Aborigine-Bekanntschaften aus dem Pub von Ceduna. Der Herr links mit deutschem, der rechts mit russischem Nachnamen
Expect the Unexpected
Roadtrain

In Ceduna herrschen mit ca. 23 Grad zunächst sehr angenehme Temperaturen, doch am Tag unserer Weiterfahrt klettert das Thermometer auf knapp 40 Grad und in den Tagen danach sogar auf 42 bis 43 Grad. Schon ein ganzes Stück vor Ceduna waren die ersten Weizenfelder aufgetaucht, und jetzt werden es immer mehr. Weizenfelder, auch große, hatten wir schon reichlich in Western Australia gesehen, aber hier in South Australia kommen sie uns noch um ein Vielfaches größer vor. Wir fahren in den nächsten Tagen hunderte Kilometer praktisch nur noch durch Weizenfelder. Offenes Gelände, leicht gewellte Landschaft, und bis zum Horizont Weizenfelder, nichts als Weizenfelder. Es ist irgendwie unglaublich und auch überwältigend. Die Erntezeit hat begonnen, erntereife Felder und Stoppelfelder wechseln sich ab. Mähdrescher sehen wir erstaunlicherweise selten. Sie verlieren sich geradezu in der Weite des Geländes.

Mähdrescher in Aktion
Abgeerntes Weizenfeld

Vom Eyre Highway aus machen wir einen Abstecher nach Norden zum Gawler Ranges National Park. Auf halbem Weg dorthin befindet sich eine auffällige Landmarke, die wir als nächsten Übernachtungsplatz vorgesehen haben, der Pildappa Rock. Es kommt mir wie eine Miniaturausgabe des Ayers Rock mit Stilelementen des Wave Rock bei Hyden, WA, vor. Ein sehr stimmungsvoller Ort, ausgestattet mit Picknicktischen, Toiletten und sogar Gasgrills. Und kostenlos ist das Ganze auch noch. Wir haben alles für uns allein. Nur die vielen Fliegen beeinträchtigen die Idylle.

Nicht der Wave Rock in WA, sondern der Pildappa Rock in SA

Die weitere Piste in Richtung Gawlers Ranges National Park entwickelt sich mehr und mehr zur Wellblech-Horror-Piste. Im Park angekommen entscheiden wir uns zunächst für die als 4WD-Piste ausgewiesene Strecke zu einer Organ Pipes genannten Felsformation. Bisher hatte die Angabe „only 4WD“ immer nur vergleichsweise wenig zu bedeuten. Allenfalls ausreichende Bodenfreiheit war das Thema. Die jetzt vorliegende Piste ist jedoch anders. Wir betreten den Park über einen Nebenweg, der über Farmgelände und durch ein Gatter führt. Die folgende Strecke durch den Busch ist eng und gewunden, aber zunächst nicht wirklich schwierig. Bis auf einmal urplötzlich eine tief ausgefahrene Stelle kommt, bei der sich Leoni bedenklich zur Seite neigt. Wir kommen durch, wissen aber, dass wir in Kürze diese Passage auf dem Rückweg erneut nehmen müssen, was wir dann nach ausgiebiger Ortsbesichtigung und Abwägung der verschiedenen Optionen auch erfolgreich hinter uns bringen.

Hinter dem Gatter beginnt der Gawler Ranges National Park.
Die Organ Pipes (Orgelpfeifen) im Gawler Ranges National Park
Kritische Stelle auf dem Rückweg von den Organ Pipes
Von uns vom Straßenrand aufgescheuchte Kängurus

In South Australia muss die Tagesgebühr für die Nationalparks von 10 AUD pro Auto online bezahlt werden. Als wir auf der Hauptstrecke am offiziellen Informationsstand ankommen, weist eine Tafel darauf hin. Muss ich extra erwähnen, dass an dieser Stelle keinerlei Netzverbindung existiert? Ein paar Kilometer weiter kommen wir zu einem National Park Campground. Ein großes Schild zeigt den Weg: „Campground – online booking only“. Gibt es hier eine Netzverbindung zur Außenwelt? Natürlich nicht. In Western Australia war uns dieses Phänomen ja wie berichtet hin und wieder schon begegnet, aber hier in South Australia hat man das Ganze perfektioniert. Sicherheitshalber hat man auch die Wochen- und Monatspässe abgeschafft, damit man auch ganz sicher bei jedem National Park immer und überall wieder auf dieselben praktisch unlösbaren Probleme stößt. Aber man ist komplett auf der Höhe der Zeit, denn alles läuft online – oder eben auch nicht.

Es ist ein weiter und anstrengender Weg durch den Nationalpark und zurück zum Eyre Highway. Als wir in Wudinna ankommen, ist bereits früher Nachmittag. Wir beschließen, trotzdem noch 300 km weiterzufahren bis Wilmington nördlich vom Mount Remarkable National Park im südlichen Teil der Flinders Ranges.

Die nur 12 km lange Straße zur Alligator Gorge im Mount Remarkable National Park ist durchgehend geteert, aber trotzdem für alle Fahrzeuge mit Anhängern gesperrt. Nach kurzer Zeit wissen wir warum. Das außerordentlich malerische Gelände ist an vielen Stellen dermaßen steil, dass Leoni die Steigungen immer wieder nur im ersten Gang schafft.

Wir gehen vom Parkplatz am Ende der Straße den zweistündigen Loop-Trail hinunter in die Alligator Gorge an, durch die sogenannten Narrows und wieder hoch zu Leoni. Der Name der Schlucht hat übrigens nichts mit Alligatoren zu tun. Die gibt es in Australien auch gar nicht. Vielmehr soll ein Aborigine namens Ali dahinter stecken, der die Schafe einer nahe gelegenen Station hierher zur Tränke geführt hat. Irgendwie ist dann aus Alis Gorge Alligator Gorge geworden.

Bei einer Pause an einer Rest Area mit Pistenverbindung zur Außenwelt haben wir dann den ersten Kontakt zur australischen Polizei. Ein Polizeifahrzeug nähert sich, der Polizist steigt aus und fragt uns, ob alles ok sei und ob wir auch genügend Wasser dabei hätten. Bei 37 Grad keine ganz unberechtigte Frage.

Alligator Gorge im Mount Remarkable National Park
In der Alligator Gorge
In den Narrows

Unser letztes Ziel vor Adelaide ist das Barossa Valley. Wir wählen das zentral gelegene Tanunda bzw. dessen Caravan Park als unseren Standort. Das Barossa Valley ist sehr stark von deutschen Einwanderern geprägt und gilt als das bekannteste Weinanbaugebiet Australiens.

Dieses Prachtstück von Lastwagen sehen wir auf dem Weingut Turkey Flat.
Auf dem Friedhof der Langmeil Church
Die Grabsteine sprechen deutsch und erzählen zum Teil spannende Geschichten.

Deutsche Namen begegnen uns überall. Am auffälligsten ist dies auf dem Friedhof der Langmeil Church. Langmeil war der ursprüngliche Name von Tanunda, der im 1. Weltkrieg geändert werden musste. Alle deutsch-lutherischen Schulen wurden damals von einem Tag auf den anderen geschlossen, 600 Schüler mussten sich eine andere Schule suchen, die Lehrer wurden arbeitslos und mussten auf andere Berufe umschulen, der Pastor und andere Träger der Gesellschaft wurden unter Hausarrest gestellt. Diese und weitere Geschichten erfahren wir von einem pensionierten Geschichtslehrer, den wir in Tanunda kennenlernen. Er erzählt uns, dass die deutschstämmige Bevölkerung erst in den 90er Jahren anfing, sich zu ihrer deutschen Vergangenheit zu bekennen und diese dann auch zu vermarkten.

Zu einem Besuch des Barossa Valleys gehört natürlich auch die Besichtigung diverser Weingüter. Wir buchen im Visitor Centre eine sechsstündige Tour für sehr günstige 85 AUD pro Person, erwarten eine größere Gruppe und sind bei der Abholung völlig überrascht, dass wir die einzigen Gäste sind, also eine exklusive Individual-Tour bekommen. Unser Fahrer und Guide ist der 60jährige Timo, der als 9-Jähriger mit seinen Eltern aus Tampere, Finnland, nach Australien ausgewandert ist. Ein sehr interessanter Typ, der in seinem Berufsleben fast die ganze Welt bereist hat. Es ergeben sich viele spannende Unterhaltungen, und ich glaube, für Timo ist der Tag genauso kurzweilig wie für uns.

Weinfeld der Jacob´s Creek Winery
Manche Weingüter sind Schlössern nachempfunden. Hier die Yalumba Winery
Formvollendet wird in der Kellermeister Winery exzellenter Rotwein aus einem prachtvollen Dekanter eingeschenkt.
Jacob´s Creek zeigt, wo es lang geht.
Hoch über dem Barossa Valley

Wir besichtigen ein halbes Dutzend Cellar Doors, Weingüter mit Weinausschank und Weinprobe. Timo fährt prinzipiell nur diejenigen an, die kostenlose Weinproben anbieten. Fairerweise kaufen wir dann aber überall jeweils eine Flasche Wein für unsere Vorräte. Die Qualität der getesteten Weine ist natürlich durchaus unterschiedlich, in Summe aber sehr ordentlich. Am besten gefällt es uns auf dem erst 1976 gegründeten Weingut Kellermeister. Die ältesten Weingüter stammen dagegen bereits aus den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts. Bevor wir uns von Timo verabschieden, bekommt er auf seinen Wunsch hin noch ausführlich Leoni vorgeführt. Das hat er sich verdient. Es war ein rundum gelungener Tag.

Adelaide, die Hauptstadt von South Australia, ist vom Barossa Valley nur einen Katzensprung entfernt, etwa 60 km. Wir beziehen Quartier auf dem Adelaide Shores Caravan Park am West Beach, also direkt am Strand. Von hier lässt sich das Stadtzentrum problemlos mit Bus oder Tram erreichen. Das öffentliche Verkehrsnetz in Adelaide ist sehr gut ausgebaut, und dessen Benutzung ausgesprochen kostengünstig. Eine Tageskarte für das gesamte Netz kostet umgerechnet 7 Euro. Fahrten im Innenstadtbereich sind sogar völlig kostenlos. Deutsche Städte wie zum Beispiel Stuttgart könnten sich davon ruhig einmal eine Scheibe abschneiden.

Das von Anfang an als Hauptstadt von South Australia vorgesehene Adelaide wurde vom Landvermesser Lieutenant-Colonel Light sehr sorgfältig geplant und nach äußerst kontroversen Diskussionen im Jahr 1840 gegründet. Namensgeberin war die die deutsche Gattin des damaligen britischen Königs William IV., Adelheid von Sachsen-Meiningen.

Es ist Mitte Dezember, und wie fast überall auf der Welt findet man um diese Jahreszeit natürlich auch hier in der südlichen Hemisphäre weihnachtliche Dekorationen, die bei den herrschenden hohen Temperaturen allerdings etwas fehl am Platz wirken. Am auffallendsten ist ein riesiger Weihnachtsmann am Central Market, vor dem Hildegard geradezu winzig wirkt (siehe Foto). Die Kinder von Adelaide bauen in der Vorweihnachtszeit aus nahe liegenden Gründen keine Schneemänner, sondern vergnügen sich lieber mit aufwändig gestalteten Wasserspielen, bei denen man so richtig schön patschnass werden kann. Schnee haben sie wahrscheinlich noch nie gesehen.

Riesiger Weihnachtsmann vor dem Central Market in Adelaide
Die Kinder in Adelaide bauen keine Schneemänner, sondern vergnügen sich mit Wasserspielen.
Die katholische Kathedrale St. Francis Xavier
University of South Australia

Ein kulturelles Highlight von Adelaide ist der Besuch des kostenlosen South Australian Museums. Hier bekommt man einen tollen Überblick über die Welt der Aborigines, der ältesten lebenden Kultur der Welt. Ähnlich spannend ist der große Saal, in dem die Kulturen der verwandten melanesischen Völker aus der Nachbarschaft Australiens präsentiert werden. Neuguinea, die Salomonen, Vanuatu und Fiji sind mit einer überwältigenden Vielzahl von Ausstellungsstücken vertreten. Sehr eindrucksvoll sind auch der umfangreiche Mineralien-Bereich sowie die Meteoriten-Sammlung. Das South Australian Museum ist auf jeden Fall einen mehrstündigen Besuch wert.

Im Aborigine-Trakt des South Australian Museums
Ungewöhnliche Kartendarstellung. Adelaide ist durch den Pfeil gekennzeichnet.
Unsere bisher in Australien gefahrene Route auf Leonis Seitenwand, wieder in der gebräuchlichen Kartendarstellung.

Im Museum finden wir auch eine ungewöhnliche Kartendarstellung mit dem Südpol in der Mitte. Zur besseren Orientierung habe ich die Position von Adelaide mit einem dicken roten Pfeil markiert (siehe Foto). Die Darstellung der von uns bisher gefahrenen Route auf Leonis Seitenwand in der gebräuchlichen Kartendarstellung ist da wahrscheinlich weniger gewöhnungsbedürftig.

6 Comments

  1. ELke Kunz said:

    ich hatte einen Kommentar geschrieben, der war auf einmal weg

    20. Dezember 2017
    Reply
  2. ELke Kunz said:

    Ihr Lieben,
    vielen Dank, daß wir auf dem Nullarbor Plain !“mitfahren“ durften. Ja, viel Abwechslung gab es ja nicht, außer toten Kängurus und die oversized trucks. Jetztseid Ihr ja wieder in Zivilisation. Ich meine Hildegard hätte erzählt, daß sie nach Hause fliegen will zum Weihnachtsfest. Da versuche ich sie mal telefonisch zu erreichen.
    Bei uns gibt es nur usseliges, trübes, graues Nieselwetter nach 2 Tagen Schnee. Hatte ihn extra liegenlassen, damit die Kids mal mit dem Schlitten drüberfahren können. Unser Weihnachtsessen hatten wir bei Dresen, Essen war so lala, vor allem der Wildgulasch mit Rotkohl war ohne viel Geschmack. Dafür haben wir bei Oedinger Weihnachtsgans gegessen vom Feinsten. Jetzt schauen wir nur auf unsere „to do-liste“ damit alles für die Festtage bereit ist. Leider kommt der Stress automatisch, vor allem die Autofahrer sind zur Zeit schlimm. Du Franz, wirst sicher bei Freunden die Feiertage down under genießen ? dazu wünschen wir viel Spaß und dann einen guten Rutsch ins neue Jahr 2018. Wir berichten dann von unserer Kreuzfahrt Kanaren Azoren.
    Liebe Grüße aus der kalten Heimat senden die Kunzis

    20. Dezember 2017
    Reply
  3. Andreas Nobis said:

    … schnurgerade Straßen, baumlose Gegenden, dann die Übernachtung an den Bunda Cliffs … die Attraktion Australiens ist häufig nicht das einzelne Element, sondern das Gesamterlebnis! Und das alles in weihnachtlichem Schmuck. Ein tolles Erlebnis!
    Bin gespannt, wie du, Franz, Weihnachten verbringen wirst.
    Viele Grüße
    Andreas

    20. Dezember 2017
    Reply
    • Franz Thoren said:

      Lieber Andreas, liebe Sabine,
      die Frage kann ich jetzt an Heiligabend beantworten. In Coober Pedy bei gut 40 Grad.
      Frohes Fest und alles Gute
      Franz

      24. Dezember 2017
      Reply
  4. Gerd Reinsdorf und Inge Stegmaier said:

    Hallo Ihr Beiden -oder besser Ihr Drei! Wir wünschen Euch Globetrottern bei hochsommerlichen Temperaturen ein schönes Weihnachtsfest und einen erlebnisreichen Jahreswechsel. Ihr dürft Ihn ja schon etwa einen halben Tag vor uns zelebrieren. Für den spannenden Reisebericht bedanken wir uns ganz herzlich. Wir hatten letztes Jahr in Alaska auf dem „Top of the World-Highway“ ebenfalls eine schnurgerade Strecke von ca. 60 km. Sie war alles andere als langweilig wenn man an ca. 3 Meter hohen Schneewänden vorbeifahren darf. Genießt die südliche Halbkugel mit dem Zentrum Südpol. Eine wirklich ungewöhnliche Perspektive. Mich wird es in 2018 in die entgegengesetzte Hemisphäre ziehen. Es steht eine Spitzbergen-Umrundung mit der MS Plancius an.
    Es grüßen Euch
    Gerd und Inge

    23. Dezember 2017
    Reply
    • Franz Thoren said:

      Lieber Gerd, liebe Inge,
      danke für die guten Wünsche. Die Plancius kennen wir gut. Mit der waren wir vor knapp drei Jahren in der Antarktis.
      Viele liebe Grüße Franz und Hildegard

      24. Dezember 2017
      Reply

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