Am 3. November 2016 holen wir die inzwischen aus Halifax eingetroffene Leoni im Hamburger Hafen ab und lassen sie in den folgenden Wochen in der Toyota-Werkstatt sowie beim Kabinenbauer technisch überholen. Danach folgt im April unser Frühjahrstrip nach Sardinien (siehe entsprechenden Blog-Beitrag).
Die Buchung der Schiffspassage für Leoni nach Fremantle/Perth in West-Australien bei Seabridge hatten wir noch Ende des Jahres von Anfang Januar auf August/September 2017 verschoben. Bei der Vorbereitung auf unseren geplanten einjährigen Australien-Aufenthalt sind jede Menge Punkte zu erledigen. Die Ein-Jahres-Visa für Australien (subclass 600) sind per Internet-Antrag schnell besorgt, die Flüge nach Perth, Hotelübernachtungen für die ersten Tage in Fremantle sowie das Carnet de Passage beim ADAC ebenso. Deutlich schwieriger ist das Abschließen einer australischen Kfz-Versicherung, die auch Sachschäden bei einem eventuellen Unfallgegner einschließt. Eine solche Versicherung muss bei einer Gesellschaft mit Sitz in Australien abgeschlossen werden, und das muss man erst einmal wissen. Sogar der australische Automobilclub schickt uns auf die falsche Fährte. Fündig werden wir schließlich bei der australischen Gesellschaft Ken Tame. Doch auch hier sind zunächst einige Hürden zu überwinden, und alle kosten Geld. Ken Tame versichert nämlich nur Mitglieder des Campervan & Motorhome Club of Australia. Also werden wir für zwei Jahre Mitglied des CMCA. Das ist aber noch nicht alles. Ken Tame verlangt für unser exotisches Fahrzeug auch eine Schätzung des Zeitwerts. Diese wiederum führt die australische Firma Internet Motorhome Valuations auf Basis eines umfangreichen Fragenkatalogs aus. Irgendwann haben wir alles zusammen und bekommen unsere Versicherungspolice zugeschickt.
Die größte Hürde steht uns allerdings noch bevor: Die Reinigung von Leoni. Die australischen Behörden haben sehr harte Anforderungen an die Sauberkeit von Fahrzeugen, die ins Land eingeführt werden, denn Australien leidet seit langem sehr stark unter eingeführten Tieren, Pflanzen und auch Krankheiten. Die Maul- und Klauenseuche zum Beispiel möchte man um jeden Preis draußen halten. Folglich werden vor allem ältere Fahrzeuge sehr genau kontrolliert, bevor sie aus dem Hafen ins Land gelassen werden. Und das heißt: Reinigen. Offenbar beherzigen dies jedoch nicht alle Touristen, die Fahrzeuge nach Australien verschiffen, in ausreichendem Maße. Ein australischer Bekannter erzählte mir vor Kurzem von einem Fall, bei dem in einem Camper nach der Ankunft im Hafen von Brisbane eine tote Ratte gefunden wurde. Ein mir bekanntes deutsches Paar wiederum bekam ihren Camper erst nach vier Wochen aus dem Hafen frei. Wir möchten ähnlichen Ärger unbedingt vermeiden und starten eine aufwändige Reinigung von Leoni.
Zuerst kommt das Dach dran. Erstmals überhaupt stelle ich die Solar-Panels schräg und bin überrascht über eine Riesenmenge von kleinen Holzstückchen, die sich darunter im Lauf der Jahre angesammelt hat. Das würde für ein kleines Lagerfeuer reichen. Zwar gibt es kleine Schlitze nach außen, aber wie kann das ganze Holz dort hinein gekommen sein? Ein Mysterium. Die drei Dachluken sind völlig verschmutzt und erfordern einiges an Reinigungsaufwand. Auch Pinzetten und Wattestäbchen kommen zum Einsatz. Ich baue sämtliche Fenster aus und nach ausgiebiger Reinigung wieder ein. In den Einbau-Hohlräumen finde ich reichlich tote Insekten aller Art, vermutlich mit Herkunft Feuerland bis Alaska. Alles Dinge, die die Australier ganz sicher nicht mögen.
Besonders spannend ist die Reinigung der „Kabinen-Unterwelt“. Da, wo Wechselrichter, Boiler, Rohre, flexible Gebläseschläuche und Kabelkanäle ihr normalerweise verborgenes Dasein fristen, hat sich einiges an Dreck angesammelt. Und das Reinigen gestaltet sich schwierig. Alles ist sehr eng und unzugänglich. Als ich nach stundenlanger Arbeit das Gefühl habe, dass es nicht mehr besser werden kann, bitte ich Hildegard, sicherheitshalber noch einmal nachzusehen. Sie geht mit einem mir bislang unbekannten biegsamen Reinigungsinstrument in die schlecht zugänglichen Hohlräume und zieht dieses tiefdunkelrabenschwarz wieder heraus. Es ist zum Verzweifeln.
Hildegard konzentriert sich beim Reinigen der Kabine auf Polster, Vorhänge sowie die Fliegennetze vor Fenstern und Tür. Auch die Inhalte von Schubladen und Schränken sind ihr Revier. Ich lackiere derweil alle Holzteile in der Kabine nach. Die Australier mögen kein unbehandeltes Holz. Ich lackiere auch alle anderen Holzteile, die mir nach und nach auffallen, und zwar mit auffälliger roter Farbe, auch die Stiele von Axt und Sandschaufeln. Wir hoffen, dass die so behandelten Holzteile Gnade finden vor den Augen der australischen Quarantäne-Offiziellen. Die bisher verwendeten hölzernen Unterlegeklötze für die Wagenheber haben wir sicherheitshalber gegen solche aus Kunststoff ausgetauscht.
Als wir schließlich Leoni zum Reinigen von Fahrerkabine, Motorraum und Karosserie zur Toyota-Werkstatt bringen, ist uns klar, dass der Kabinen-Innenraum trotz aller Mühen nicht 100%ig sauber sein kann. Es ist einfach unmöglich. Doch es ist letztlich wie bei jeder Prüfung. Man bereitet sich auf 1.000 Themen vor, geprüft werden aber nur vielleicht 5 oder 10. Und hoffentlich gehören diese 5 oder 10 alle zu denen, auf die man sich vorbereitet hat.
Leoni ist an insgesamt 10 aufeinander folgenden Arbeitstagen in der Werkstatt. Mit einer Ausnahme bin ich jeden Tag von morgens bis abends dabei. Es dreht sich wieder alles ums Reinigen. Häufig habe ich nur eine Zuschauer- oder Handlanger-Rolle, oft bin ich jedoch auch voll ins Reinigungsgeschäft involviert.
Die Fahrerkabine wird komplett leer geräumt. Nicht nur die Sitze und Fußböden, auch die Tür- und Wandverkleidungen sowie das komplette Armaturenbrett werden entfernt. Dahinter ist Schmutz, Schmutz, Schmutz. Auch der Motorraum wird „entkernt“. Zur Reinigung wird jeweils Trockeneis eingesetzt. Trockeneis ist gefrorenes Kohlendioxid und -78 Grad Celsius kalt. Es hinterlässt keine Rückstände und ist gesundheitlich völlig unschädlich – bis auf die Erfrierungen, die man sich damit einfangen kann. Ich bin einmal etwas unvorsichtig und hole mir prompt eine kleine Erfrierung an einem Finger.
Die Reinigung mit Trockeneis ist ein sehr interessantes und auch effektives Verfahren. 3mm-Trockeneis-Pellets werden auf die zu reinigenden Flächen geschossen. Diese können aus Metall, Kunststoff oder Textil sein. Der vorhandene Schmutz gefriert augenblicklich und wird vom Gebläsestrahl weggeweht. Der Schwerkraft folgend rieselt der Dreck dann zu Boden, oft leider auch in Bereichen, die bereits gereinigt sind.
Die Fahrzeug-Karosserie wird ebenfalls mit Trockeneis gestrahlt. Es ist geradezu unvorstellbar, welche Dreckhaufen sich danach unter Leoni angesammelt haben. Wenn ich es nicht direkt vor Augen hätte, würde ich es nicht glauben. Als die Trockeneis-Reinigungsaktion nach ein paar Tagen vorbei ist, haben wir insgesamt 880 kg Trockeneis verbraucht.
Doch das ist noch nicht das Ende der Geschichte. Denn die Karosserie von Leoni ist zum großen Teil aus Hohlprofilen aufgebaut. Und die sind voll mit getrocknetem Schlamm, der aus vielen Ländern der Panamericana stammt, von Feuerland bis Alaska. Mit einem Kärcher-Hochdruckreiniger beginnt nun die nächste Reinigungsorgie, eine äußerst aufwändige Wasserschlacht, die so lange andauert, bis keine braune Brühe mehr aus den vielen Hohlräumen herausläuft.
Erwähnenswert ist noch der Zustand im Inneren der Brems- und Rücklichter. Mehrere Zentimeter hoch steht darin der getrocknete Schlamm. Die Birnchen liegen gerade noch frei. Mit einem Spachtel mache ich mich an die mühsame Reinigungsarbeit.
Viele weitere Details ließen sich noch berichten. Auf ein allerletztes möchte ich mich beschränken, die Reinigung des Motorkühlers. Stundenlang sitze ich mit dem Kühler auf dem Schoß und versuche, die Hohlräume zwischen den Lamellen mit einer langen Nadel von Insektenleichen und sonstigem Schmutz zu reinigen. Grundsätzlich funktioniert das, in Summe jedoch ist es hoffnungslos. Als ich glaube, dass es besser nicht mehr geht und irgendwie entnervt aufhören will, halte ich den Kühler noch einmal gegen das Licht, entdecke eine kritische Stelle, bohre mit der Nadel nach und hole eine weitere tote Biene ans Tageslicht. Anschließend bekomme ich den durchaus ernst gemeinten Vorschlag, den Motorkühler durch einen neuen zu ersetzen. Doch ich weigere mich. Irgendwann muss es gut sein.
Es reicht. Den ursprünglichen Plan, Leoni von Australien nach Neuseeland zu verschiffen, haben wir vor diesem Hintergrund inzwischen verworfen. Denn die neuseeländischen Behörden gelten als noch kritischer als die australischen. Und eine neuerliche Reinigungsorgie, noch dazu in unbekanntem australischem Umfeld, wollen wir uns definitiv nicht antun. Hildegard nicht, und ich auch nicht.
Zu Hause wird schließlich noch die Fahrzeug-Lackierung poliert und die Kabine eingeräumt. Es ist wahrscheinlich unnötig zu erwähnen, dass alle eingeräumten Teile vorher penibel auf Sauberkeit geprüft werden.
Die nächste kritische Klippe, die wir dann noch nehmen müssen, ist die Fahrt zum Hafen in Bremerhaven. Denn dafür brauchen wir gutes Wetter. Bei einer Regenfahrt würde Leoni wieder komplett verschmutzen und nicht ohne Weiteres wieder sauber zu bekommen sein. Also verfolgen wir täglich und sehr kritisch die langfristige Wettervorhersage. Die Abgabe von Leoni ist für den frühen Morgen des 25.8. geplant. Wir haben zwei Hotelübernachtungen in Hafennähe gebucht und fahren am 23.8. von Renningen nach Bremerhaven, ich mit Leoni und Hildegard mit dem PKW. Wie schon seit gut zwei Wochen vorhergesagt ist dieser Tag tatsächlich der schönste der Woche. Problemlos und ohne einen einzigen Regentropfen abzubekommen erreichen wir Bremerhaven. Glück gehabt.
In der darauffolgenden Nacht regnet es etwas, doch als wir am Morgen zur Auto-Waschanlage fahren, sind die Straßen wieder trocken. Wir entfernen das Metall-Fliegengitter, das wir provisorisch vor den Motorkühler montiert hatten, tauschen den Luftfilter gegen einen nagelneuen aus und reinigen Leoni nach. Unser besonderes Augenmerk gilt dabei den Reifen, in deren Profilen sich wieder kleine Steinchen und sonstiger Unrat eingenistet haben.
Bevor wir endlich am nächsten Morgen Leoni im Hafen abgeben, wird der Fahrzeuginhalt vor dem Büro der Reederei Wallenius Wilhelmsen von einem unabhängigen Gutachter gecheckt. Es ist unfassbar, was alles verboten ist. Nicht nur Lebensmittel incl. Gewürze, die auch die Australier nicht zulassen, sondern auch Arzneimittel, Sprühdosen, Flüssigkeiten und Schmierstoffe (z.B. Spülmittel), Waschmittel, elektronische Geräte, etc. Der Kabinen-Innenraum muss „blickleer“ sein, d.h. es darf nichts herumstehen oder -hängen, die Dieseltanks dürfen maximal zu 25% gefüllt sein, und eventuell vorhandene Gasflaschen müssen leer sein und benötigen ein Reinheitszertifikat. Wir haben unsere Gasflaschen zu Hause gelassen und wollen in Australien neue kaufen. Mein schüchtern vorgetragener Versuch, Micropur, einen Lackstift zum Aufmalen der Route auf die Kabinen-Seitenwand sowie unsere Fettpresse mitzunehmen, wird abgeschmettert. Alle Schränke und Schubladen werden intensiv kontrolliert. Beanstandet wird immerhin nichts, was offenbar eine sehr seltene Ausnahme ist. Aber wir haben uns halt gut vorbereitet.
Wie angenehm anders war doch das Vorgehen bei Leonis Verschiffung von Kolumbien nach Panama. Auf meine Frage, ob unsere noch gut gefüllten Gasflaschen ein Problem seien, bekam ich einen verständnislosen Blick und die Antwort: „Der Camper hat Dieseltanks und ist damit sowieso Gefahrgut. Der Rest interessiert nicht.“ Das Schiff damals fuhr übrigens auch unter europäischer (und zwar luxemburgischer) Flagge.
Eine halbe Stunde nach der Kontrolle geben wir Leoni problemlos im Hafen ab. Was danach passiert, zum Beispiel, ob Leoni vor dem An-Bord-Fahren oder auch nach der Ankunft in Australien noch durch Schlamm und Pfützen gefahren wird, haben wir nicht mehr in der Hand. Aber wir hoffen natürlich das Beste.
Am 30.8. sticht die MV Carmen mit Leoni an Bord in See. Nach einigen europäischen Häfen ist Port Elizabeth in Südafrika der einzige Hafen in Afrika vor der für den 6.10. geplanten Ankunft in Fremantle. Am 7.10. geht unser Flug nach Perth, am 8.10. kommen wir dort an, und am 10.10. wollen wir versuchen, Leoni aus dem Hafen herauszuholen. Wir hoffen inbrünstig, dass dies auf Anhieb gelingt.
Vielleicht sind dann sogar, anders als nach der Verschiffung von Halifax nach Hamburg, die Fahrzeugbatterien noch ausreichend aufgeladen, so dass Leoni problemlos starten kann. Ich habe extra einen großen Zettel in der Fahrerkabine angebracht mit der Bitte in Englisch und Deutsch, den Zündschlüssel ganz nach links zu drehen, so dass alle Verbraucher komplett abgeschaltet sind.
Hallo Franz und Hildegard,
ich will jetzt auch Trockeneis für mein Haus in Korschenbroich!!!
Hut ab vor so viel Energie, rauhen Händen, Verzweifelung und Angstschweiß auf der Stirn!! Wir sehn uns morgen…..
Liebe Grüße und gute Fahrt,
die Kunzis
wir hoffen, daß Eurowings morgen früh 6.55. abfliegt nach Dresden, dann mit Auto und Ursula u Margret nach Görlitz.
… wir drücken ganz fest die Daumen, dass Leoni in Fremantle ohne Probleme „frei kommt“!
Hallo Leoni-Team,
diesen Beitrag hätte ich an Eurer Stelle erst nach der Einreise in Australien eingestellt. Vermutlich werdet Ihr jetzt am Hafen von Perth von 100 Autokäufern erwartet, die sich um das blitzblank saubere Fahrzeug schlagen werden.
Blöd ist nur, dass es in Perth keine Weingüter gibt und Ihr den doppelten Boden von Leoni erst wieder im Barossa Valley auffüllen könnt. Da steht Euch eine lange Durststrecke bevor.
Gruß
Lieber Bernd,
an Weingütern ist auch in der Nähe von Perth kein Mangel. Es gibt jede Menge davon, vor allem etwas südlich von Perth um Margareth River herum. Es gibt also keinen Grund, sich wegen einer Wein-Durststrecke Sorgen zu machen. Australien hat keineswegs nur das Barossa Valley.
Gruß Franz
Australia looks forward to the arrival here of the Thorens. We will make certain that they are not eaten by crocodiles or sharks and not bitten by deadly snakes or spiders. The deadliest thing here are the drivers!! Were not quite as disciplined as German drivers I’m sorry to say.