Das Pantanal liegt im Dreiländereck Brasilien – Paraguay – Bolivien und ist eines der letzten großen Naturreservate der Erde. Wobei der Begriff Naturreservat etwas relativ zu sehen ist. Der größte Anteil des Pantanal gehört zu Brasilien, aber nur ein verschwindend kleiner und praktisch völlig unzugänglicher Teil ist hier als Nationalpark ausgewiesen. Denn der große „Rest“ ist in Privatbesitz und setzt sich aus einer Vielzahl von zum Teil riesigen Estancias zusammen, auf denen Nutzvieh gehalten wird. Es hat sich aber eine interessante Art des Zusammenlebens entwickelt. Hier die Natur, mit Kaimanen, Jaguaren, Pumas, Ameisenbären, Affen, Tapiren, Hirschen, Aras, Tukanen, etc. Und dort die Estancias mit ihren Pferden, Rindern, Schafen und sonstigen domestizierten Tieren. Alles ziemlich wild durcheinander, mit fließenden Übergängen. Aber irgendwie scheint das Ganze zu funktionieren. Das Pantanal gilt Naturschützern zwar als überweidet, aber es gelten andererseits strenge Jagd- und Angelverbote, und viele Estancias verdienen sich ein Zubrot durch die Aufnahme und Betreuung von Touristen. Wir bekommen den Eindruck, es ist eher ein Mit- als ein Gegeneinander.
Bei mir steht das Pantanal seit ziemlich genau 25 Jahren auf der Liste der noch zu bereisenden Gebiete. Und nun endlich ist es soweit. Da das Jahr schon sehr weit fortgeschritten ist und zumindest im Norden des Pantanal das Einsetzen der Regenzeit droht bzw. diese bereits begonnen hat, beschließen wir, uns zunächst auf den Süden zu beschränken. Den Norden wollen wir dann ggf. in einem halben Jahr von Bolivien kommend bereisen. Dann sind die Randbedingungen dort besser, um nicht zu sagen optimal. Im Juli herrscht dort Trockenzeit, die Überflutungen sind wieder zurückgegangen, und die Tiere konzentrieren sich auf die verbliebenen wasserführenden Gebiete, was ihre Beobachtung natürlich erleichtert.
In zwei langen Fahrtagen bewältigen wir die knapp 1.000 km von Foz do Iguaçu bis an die südliche Grenze des Pantanal bei Miranda. Hier fahren wir die von der Schweizerin Miriam geleitete Estancia Meia Lua an. Wir sind die einzigen Gäste und genießen ein paar Tage die Natur und die Annehmlichkeiten der Estancia, wie Pool und WLAN. Miriam gibt uns den Tipp, abends in der Dämmerung Ausschau nach Ameisenbären zu halten. Und tatsächlich sehen wir gleich am ersten Tag kurz hintereinander gleich zwei, trauen uns aber nicht, über die Zäune zu steigen und verlieren unsere Zielobjekte schnell wieder aus den Augen. Zwei Tage später sind wir abends wieder auf der Pirsch. Hildegard entdeckt in der Ferne einen Termitenhügel, der sich bewegt. Und dann einen zweiten. Das können nur Ameisenbären sein. Wir beschließen, durch den Zaun zu steigen und Klapperschlangen hin, Klapperschlangen her zu den sich bewegenden Objekten hinüberzulaufen. Und tatsächlich. Es ist nicht einer, es sind zwei Ameisenbären. Glauben wir zumindest. Der eine hat einen komischen Buckel. Als der junge Ameisenbär dann irgendwann heruntergeklettert ist und neben seiner Mutter steht, hat diese keinen Buckel mehr. Wir erkennen: Es sind in Wirklichkeit drei Ameisenbären. Als wir dem Jungen zu nahe kommen, wir sind vielleicht 3 – 4 m entfernt, springt dieses wieder seitlich auf den Rücken der Mutter und „verschmilzt“ mit dieser. Das gesamte Erlebnis ist für uns absolut faszinierend. Leider schaffen wir es nicht, ein gescheites, vorzeigbares Foto zu machen. Es ist einfach zu dunkel. Aber das macht nichts. Die abendliche Ameisenbären-Pirsch wird auf jeden Fall in unserer Erinnerung ein Highlight der Reise bleiben.
Unsere Weiterfahrt führt uns auf die Estrada do Parque, die alte Straße nach Corumbá an der bolivianischen Grenze. Diese ungeteerte Piste geht über viele Holzbrücken mitten durch das Pantanal und hat damit einen besonderen Reiz. Einige Estancias am Wegrand laden zu einem kürzeren oder längeren Aufenthalt ein. Miriam hatte für uns telefonisch einen Bootsausflug mit Fabio auf dem Rio Miranda organisiert. Dessen Großvater war Japaner, und er selbst sieht auch genau wie ein wenn auch dunkelbraun gebrannter Japaner aus. Wir fahren mit ihm den Rio Miranda hinauf und dann in einen Seitenfluss, den Rio Vermelho, hinein. Gleich zu Beginn zeigt uns Fabio eine Stelle, wo er gestern gleich zwei Jaguare gesehen hat. Wir sehen zwar leider keine, dafür aber eine Vielzahl anderer Tiere. Kaimane, Kingfisher, Jabirus im Nest, Reiher aller Art, Capibaras, Brüllaffen, etc. Es ist eine tolle Tour bei meistens herrlichem Licht. Am Ende erwischt uns dann allerdings ein Gewitter mit viel Regen. Wir werden patschnass.
Bei unserer Ankunft auf der Estancia Santa Clara ein paar Kilometer weiter fällt mir ein unglaublich lauter Lärm in einem großen Baum im Eingangsbereich zu den Gebäuden auf. Das müssen wir uns ansehen. Der Baum ist voll mit sich streitenden Hyazinth-Aras. Zuerst fünf, dann bis zu neun Tiere. Das ist geradezu unglaublich. Wenn die Zahl von angeblich nur noch 5.000 wild lebenden Hyazinth-Aras stimmt, sind das fast 0,2 Prozent der Weltpopulation in einem einzigen Baum. Es wird für mich eine ertragreiche Foto-Session.
Natürlich gibt es auf der Estancia noch eine Menge weiterer Tierarten zu beobachten. Im nahe gelegenen Fluss tummeln sich Kaimane und Piranhas, überall sind Pekaris unterwegs, und außerdem gibt es riesige Mangobäume. Das ist insofern erwähnenswert, als dass gerade Erntezeit ist. Was wiederum für die vielen Papageien interessant ist, aber eben auch für uns. Wir können nämlich unsere Leoni wie schon in Meia Lua mit reifen Mangos vollladen, die so süß sind, wie man sie nach unserer Erfahrung in deutschen Supermärkten gar nicht bekommen kann. In diesen Tagen gibt es bei Hildegard und mir sowohl zum Frühstück als auch zum Abendbrot grundsätzlich immer Mangos. Solange der Vorrat reicht.
Ein paar Tage später sind wir auf der Fazenda São João. Hier sollen sich laut Miriam vor allem die blauen Hyazinth-Aras tummeln. Die haben wir zwar schon ausgiebig in Santa Clara kennengelernt, aber natürlich fahren wir trotzdem hin. Wir finden eine sehr schöne und völlig leere Anlage ohne Touristen vor. Mit Vieh aller Art und jeder Menge Wildlife. Jabirus, Nandus, rote Aras, Hyazinth-Aras, Kaimane, Löffler, etc. Es ist leider nur unerträglich warm. Ein Gewitter tobt sich in der Nähe aus, bei uns fällt jedoch kein Tropfen Regen. Die angekündigten Hyazinth-Aras sind zwar vor Ort, zum Fotografieren bieten sich aber vor allem die deutlich weniger scheuen roten Aras (Grünflügel-Aras) an.
Bei der Weiterfahrt stehen wir dann in Porto Manga vor dem breiten Rio Paraguai. Eine Brücke gibt es hier nicht. Die Fähre kommt, und ich fahre Leoni völlig problemlos vorwärts rauf und auf der anderen Seite des Flusses rückwärts wieder von der Fähre runter. Heute ist es ganz besonders heiß. Das Außenthermometer in der Fahrerkabine zeigt bis zu 45 Grad an. Als wir etwas später durch ein Gebiet fahren, wo es gerade geregnet hatte, fällt die Temperatur rasant auf nur noch 29 Grad. Um kurz darauf wieder auf „normale“ 35 bis 37 Grad anzusteigen.
Corumbá ist eine Grenzstadt von ca. 100.000 Einwohnern und hat ein übles Renommeé als Drogenumschlagplatz. Die Übernachtungsfrage ist für uns also ganz besonders wichtig. Von Miriam hatten wir den Tipp erhalten, unsere Leoni vor dem Restaurante Vivabella über dem Rio Paraguai abzustellen. Wie wir feststellen können, ist das mitten in der Stadt. Aber wir sprechen mit dem Restaurante-Besitzer Franco, dem wir Grüße von Miriam ausrichten, und das Ganze ist am Ende für uns völlig problemlos. Wir essen auf der Terrasse von Vivabella mit Blick auf die bolivianische Stadt Puerto Suarez zu Abend, gegenüber von Leoni ist gut getarnt die Polizei untergebracht, es gibt Überwachungskameras, und wir verbringen hier eine ruhige, wenn auch wie gewohnt heiße Nacht. Wobei sich „heiß“ zum Glück nur auf die Temperatur bezieht.
Von Corumbá fahren wir auf der neuen Teerstraße zurück nach Miranda, kehren hier dem Pantanal den Rücken und machen einen Knick nach Süden mit Ziel Bonito. Dies ist ein brasilianisches Urlaubszentrum, das sich selbst Capital do Ecoturismo nennt. Es gibt in der Umgebung etliche kristallklare, fischreiche Flüsse, die absolut perfekt vermarktet werden. Für jede Attraktion muss man vorher bei einer Agentur ein Voucher kaufen. Der tägliche Zugang an Besuchern ist begrenzt. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Wir kaufen natürlich einige Vouchers für die nächsten Tage. Am besten gefällt uns eine Aktivität, die Flotuação genannt wird. Dabei treibt man buchstäblich kilometerweit einen kristallklaren Fluss mit vielen großen Fischen hinunter, im Neoprenanzug mit Maske und Schnorchel. Macht Riesenspaß. Mit kleinen Einschränkungen können wir das übrigens auch jeden Tag auf unserem Campingplatz knapp 20 km außerhalb der Stadt tun. Auch hier gibt es nämlich einen kleinen Fluss mit kräftiger Strömung, den Rio Formoso. Der ist auch kristallklar und voller Fische. Die großen sind einen guten halben Meter lang. Jeden Morgen nach dem Aufstehen ist unser erster Gang runter zum Fluss, zum Schwimmen mit den Piraputangas. So heißen diese zu den Salmlerartigen gehörenden Fische in Brasilien. Erst danach kommen Duschen und Frühstück.
Hallo Franz,
jetzt bin ich aber schon ein bisschen ob Deiner Fahrkünste enttäuscht.
Erst der Beinahe-Salto von Leoni in Süd-Brasilien und jetzt:
Auf der Estrada do Parque ein bisschen mehr Gas geben und das Weihnachtsgeschenk für Hildegard wäre sozusagen schon unterm Auto gelegen…..eine Kaiman-Handtasche.
Jetzt musst Du ihr am Ende noch einen keifenden Grünflügel-Ara auf den Weihnachtsbaum setzen.
Na dann, frohe Weihnachten.
… und außerdem hätte der präparierte Kaimankopf eine super Kühlerfigur abgegeben!
Schöne Weinachten und weiterhin eine gute Reise!
Ursula und Frieder
Hallo Herr Thoren,
wunderschöne Fotos von Tieren die wir zumeist nur aus Zoo und Fernsehen kennen. Ich wünsche Ihnen und Hildegard weiterhin eine schöne Reise ohne weitere „Beinahe-Unfälle“ mit Leonie.
Merry Christmas aus Lohr ohne Schnee, dafür mit herbstlichen Temperaturen (7,5 Grad,Wind, Regen)
Anja Schreiber
Hallo Hildegard, hallo Franz,
feliz navidad, prospero ano y felizidad.
Toller Bericht von Pantal. Ich glaube das werden wir uns zu gegebener Zeit auch noch ausführlich ansehen.
Schön dass es Euch gut geht, so langsam haben wir das Gefühl, dass Ihr angekommen seid.
Also ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Neue Jahr wünschen Euch
Wiffe und Irene
Frohe Weihnachten ins Tierparadies! Das ist ja toll da. Diese Fauna kommt ja fast a die von Lohr ran. Zumindest die Pekaris ähneln den Spessart Wildschweinen. Wir holen i diesen Tagen kräftig Luft, weil nächstes Jahr gibt es viel z tun und es wird das Jahr wo es aufwärts geht.
Alles gute auch für die Weiterreise!
J. Dehmer