05.04. – 14.04.2024
Unsere Anreise nach Madeira mit Lufthansa bzw. Discover Airlines, einer Lufthansa-Tochter, dauert satte 52 Stunden. Und das kommt so: Zunächst lässt das Wetter eine Landung in Funchal nicht zu, der Kapitän fliegt Schleifen und schließlich zum Auftanken zurück nach Faro an der Südwestecke Portugals. Von dort geht die Reise dann aber nicht etwa weiter nach Funchal, sondern zurück nach Frankfurt, und das hat nichts mehr mit dem Wetter zu tun, sondern erfolgt offenbar aus rein wirtschaft-lichen Überlegungen heraus. Denn wie wir später in Frankfurt von anderen Reisenden erfahren, die den Flugverkehr in Funchal getrackt haben, sind auf Madeira zur Zeit unseres Starts in Faro bereits wieder Maschinen gelandet.
Es folgen zwei Übernachtungen in Frankfurt und in Hanau, bei denen wir ohne unser Gepäck auskommen müssen. Erst im zweiten Anlauf können wir dann unseren somit um zwei Tage auf nur noch 8 Tage verkürzten Urlaub auf Madeira beginnen.
Hildegard und ich haben das kleine, schnuckelige Funchal Design Hotel mitten im Zentrum von Funchal gebucht, was uns kurze Wege zu den interessantesten Highlights der Stadt beschert. Schon bei den ersten Erkundungsgängen hinterlässt Funchal bei uns einen extrem sauberen Eindruck. Auf den Straßen und Plätzen der sorgfältig und ansprechend mit vor allem weißen Steinen gepflasterten Innenstadt liegt keinerlei Unrat herum. Dies ist sehr auffällig und wohltuend.
Das Wetter ist hervorragend mit sehr angenehmen Temperaturen, tagsüber knapp über und nachts knapp unter 20 Grad Celsius. Dies gilt für Funchal und die Küstenregion. In den Bergen, die auf bis über 1.800 m aufragen, ist es merklich kühler.
Wir besorgen uns einen Mietwagen und starten die Erkundung der Insel. Der erste Ausflug führt uns quer über die steilen Berge an die spektakuläre Nordküste bei Porto da Cruz, Faial und Santana. Auf dem Weg dorthin lädt in Portela ein eindrucksvoller Mirador, ein Aussichtspunkt, zu einem sehr ergiebigen Fotostopp ein.
Später am Tag gehen wir bei Ribeiro Frio im Landesinneren die kurze Wanderung an der Levada dos Balcões entlang zum Aussichtspunkt Balcões an. Die Levadas von Madeira sind sehr markante Bewässerungskanäle, die mit großem Aufwand angelegt wurden, um das in den Bergen vorhandene Wasser zur Nutzung auf den weiter unten liegenden Feldern verfügbar zu machen. Die Levadas schlängeln sich mit sehr geringem Gefälle durch die spektakuläre Bergwelt und ermöglichen eine Vielzahl von eindrucksvollen Wanderungen. Der genannte Aussichtspunkt Balcões wirkt, wie der Name schon andeutet, wie ein über der weiten Landschaft schwebender Balkon und ermöglicht den Blick auf ausgedehnte Wälder bis hinunter zur Küste.
Zwei weitere Levada-Wanderungen starten bei Rabaçal im Westen der Insel. Wir nehmen zunächst den vergleichsweise einfachen Weg an der Levada do Risco entlang zum eindrucksvollen Wasserfall am Beginn der Levada, der überaus fotogen die senkrechten Felsen hinunterstürzt.
Auf dem Rückweg startet an einem Abzweig der deutlich anspruchsvollere Wanderweg zur Levada das 25 Fontes. Es geht zunächst über viele Treppenstufen steil bergab, bis die Levada das 25 Fontes schließlich erreicht ist. Anschließend führt der Weg sanft aufwärts an der Levada entlang. Während wir jedoch an der Levada do Risco noch fast allein unterwegs waren, ist die Situation hier völlig anders. Denn sehr viele Menschen haben sich genau diese Wanderung für den aktuellen Tag ausgesucht.
Der unmittelbar neben der Levada entlangführende Weg ist sehr schmal, und bei Gegenverkehr wird es ganz besonders eng. Für den Rückweg hat man daher in einem besonders kritischen Bereich eine Ausweichstrecke steil über den Berg eingerichtet, um durch den resultierenden Einbahnstraßenverkehr die Menschenmassen etwas zu entzerren.
Die 25 Fontes, Endpunkt und Ziel der Tour, sind dann wirklich sehr eindrucksvoll. Die namensgebenden 25 Quellen stürzen und rieseln die steilen Felswände in einen imposanten Kessel hinab, wo sie zusammenfließen und die hier beginnende Levada speisen. Die das Schauspiel genießende Menschenmenge hat eine enorme Größe. Mir fällt der Spruch ein, den ich vor Jahren im Lonely Planet gefunden und seitdem schon öfter zitiert habe: Alone with nature and around 5.000 of your very best friends.
Die Wanderung auf der Halbinsel São Lourenço ganz im Osten der Insel hat einen völlig anderen Charakter. Hier geht es nicht entlang einer Levada, sondern durch eine offene, gebirgige und von steilen Felsen geprägte spektakuläre Küstenlandschaft. Auch hier sind wieder enorm viele Leute unterwegs. Wegen der offenen Landschaft ist dies jedoch nicht annähernd so störend wie auf den engen Wegen entlang der Levada das 25 Fontes.
Auf der Rückfahrt nach Funchal sehen wir uns in Caniçal das Wal-Museum an. Von 1941 bis 1981 wurden auf Madeira Wale, vor allem Pottwale, gejagt. Das Museum beschäftigt sich intensiv mit dieser Zeit und lässt eine erstaunlich positive Grundeinstellung zu dem damaligen blutigen Geschehen erkennen.
Nach drei Fahrtagen lassen wir das gemietete Fahrzeug für einen Tag in der Tiefgarage stehen und erkunden die Umgebung von Funchal zu Fuß. Zunächst sehen wir uns die Quinta das Cruzes an. Dieses jahrhundertealte Anwesen geht auf die Familie von João Gonçalves Zarco zurück, der 1419 Madeira erkundete und für die anschließende Besiedlung durch die Portugiesen vorbereitete. Die historischen Gebäude sind von einem sehr schönen Park umgeben, in dem auch ein paar riesige Drachenbäume stehen.
Wir brechen auf zur Hotelzone westlich vom Zentrum Funchals und laufen von dort weiter an der Küste entlang in Richtung Câmara de Lobos. Sandstrände sind auf Madeira so gut wie unbekannt, und so müssen sich die Hotels mit großen Poolanlagen und in die Felsen hineingebauten Meeresschwimmbädern begnügen.
Die eindrucksvollste Levada, die wir auf Madeira zu sehen bekommen, ist die Levada do Rei. Erfreulicherweise ist sie nicht näherungsweise so stark frequentiert wie die Levada das 25 Fontes. Die Levada do Rei ist buchstäblich in fast senkrechte Felswände hineingefräst. Ich finde es geradezu unfassbar, sich ein solches Projekt im 19. Jahrhundert ohne moderne Hilfsmittel auch nur vorzunehmen, geschweige denn, es tatsächlich umzusetzen.
Der sehr schmale Weg führt durch dichten Lorbeerwald immer direkt neben der Levada entlang, und typischerweise geht es unmittelbar daneben auf der linken Seite hunderte Meter senkrecht in die Tiefe. Auf halbem Weg bekommen wir von einem Wasserfall eine unvermeidbare kleine Dusche verpasst. Und gut 5 Kilometer vom Trailhead entfernt erreichen wir schließlich den, wie der Name schon sagt, wunderschönen Ribeiro Bonito (übersetzt Schöner Fluss) und damit einerseits das Ende des Weges und andererseits den Anfang der Levada. Uns umgibt ein tiefdunkelgrüner Dschungel. Die Atmosphäre an diesem verwunschenen Ort wirkt geradezu mystisch.
Am letzten Tag vor dem Rückflug fahren wir mit der Seilbahn hoch nach Monte. Den Mietwagen haben wir bereits am Abend des Vortages zurückgegeben. Unterhalb der Kirche Nossa Senhora do Monte starten die Carros de cesto do Monte, die berühmten Korbschlitten von Madeira, mit denen sich Touristen von den Carreiros gegen ein gewisses Entgelt den Berg hinunter befördern lassen können. In der Kirche, die über eine lange steinerne Treppe erreichbar ist, befindet sich das Grab des letzten österreichischen Kaisers Karl I., der 1922 auf Madeira im Exil gestorben ist.
Mit einer ein paar hundert Meter nach Osten versetzten zweiten Seilbahn fahren wir von Monte hinunter zum Jardim Botânico, dem in sehr steilem Gelände angelegten berühmten Botanischen Garten von Funchal. Vor allem die zum Teil riesigen amerikanischen Kakteen empfinden wir als sehr eindrucksvoll. Mit einem Taxi geht es zurück zum Hotel.
Und bereits am nächsten frühen Morgen geht es zum Flughafen und zurück nach Hause. Ein etwas kürzer als geplant ausgefallener Urlaub auf der wunderschönen Ferieninsel Madeira ist zu Ende.
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