Von Bogotá nach Cartagena

An einem Mittwochnachmittag sind wir bei Iguana 4×4 in Bogotá angekommen, und von Donnerstag bis Samstag werden hier die diversen Problemchen von Leoni der Reihe nach beseitigt. Die Iguana-Mannschaft ist zwar nicht für alle anstehenden Themen kompetent. Das macht aber nichts. Denn ringsherum befinden sich die verschiedensten Autowerkstätten, jede mit einem anderen Schwerpunkt. So kümmert sich die unmittelbar benachbarte Firma um die Entrostung rund um die Windschutzscheibe und die anschließenden Lackierarbeiten, eine andere um die Klimaanlage, etc. Das Ganze klappt hervorragend, alle Arbeiten werden zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt. Und das zu einem unschlagbaren Preis. Meine Schätzung geht dahin, dass wir in Deutschland das Drei- bis Vierfache bezahlt hätten.

Der Rahmen um Leonis Windschutzscheibe herum ist kräftig von Rost befallen
Der Rahmen um Leonis Windschutzscheibe herum ist kräftig von Rost befallen
Nach Entrostung und Grundierung wird frisch lackiert
Nach Entrostung und Grundierung wird frisch lackiert
Alles erstrahlt in neuem Glanz. Sogar das vor einem Jahr abhanden gekommene Landcruiser-Schild ist ersetzt.
Alles erstrahlt in neuem Glanz. Sogar das vor einem Jahr abhanden gekommene Landcruiser-Schild ist ersetzt.

Wir wollen die Zeit, in der wir in der Werkstatt stehen, nutzen, um unsere Gasflaschen auffüllen zu lassen. Hermine, eine allein mit Wohnmobil reisende Grazerin, die ebenfalls bei Iguana 4×4 steht, bekommt das mit und bittet mich, eine Flasche von ihr zum Füllen mitzunehmen. So steigen wir also mit drei statt zwei ziemlich unförmigen Gasflaschen in ein Taxi und fahren mit dieser interessanten Fracht quer durch die Stadt dorthin, wo die Firma ProGas angeblich Campinggasflaschen auffüllt. Wie wir dann vor Ort feststellen, befindet sich ProGas in einem ausgedehnten Industriegebiet, in dem auch etliche andere Gasfirmen angesiedelt sind. Bei ProGas angekommen lädt das Taxi uns und unsere drei Gasflaschen ab. Kaum ist es um die Ecke verschwunden, da erfahren wir, dass man aus irgendwelchen Sicherheitsgründen bei ProGas nur Hermines Flasche füllen will, unsere eigenen zwei deutschen Gasflaschen aber nicht. Da nützt auch unser mitgebrachter US-Adapter nichts. Wir lassen Hermines Flasche füllen und schleppen dieses nun noch schwerere Ding und unsere zwei eigenen Flaschen anschließend buchstäblich kilometerweit durch die Gegend. Wir werden von Pontius zu Pilatus geschickt. Irgendwann lasse ich Hildegard mit den beiden schwersten der drei Flaschen an einer Tankstelle zurück und ziehe mit der leichtesten, einer leeren, erneut zu Fuß alleine los. Wieder buchstäblich kilometerweit. Aber keine der vielen Gasfirmen will sich erbarmen, die Flasche zu füllen.
Bei ColGas verhandle ich gerade mit zwei Angestellten durch das geschlossene schwere Schiebetor, da kommt ein schweres Auto vorgefahren. Das Auftreten des Fahrers legt den Schluss nahe, dass es sich bei ihm um einen Hierarchen von ColGas handeln muss. Während ihm umständlich das Schiebetor aufgemacht wird, komme mit ihm ins Gespräch, trage mein Anliegen vor und erwähne nebenbei, dass das Auffüllen der deutschen Gasflaschen mit Hilfe des mitgebrachten US-Adapters in Argentinien im Gegensatz zu Kolumbien noch ganz unproblematisch war. Plötzlich geht dann alles ganz schnell. Eine kurze Anweisung an die beiden Angestellten, und für 24.000 Pesos, ca. 7 Euro, wird die Flasche gefüllt. Wie erwartet ist der mitgebrachte US-Adapter für den Füllvorgang tatsächlich wieder unverzichtbar.
Ich frage nach, ob man auch eine ca. halbvolle Flasche füllen würde. Ja, warum nicht, ist die Antwort. Mit einem auf der Straße angehaltenen Taxi fahre ich folglich zurück zu besagter Tankstelle, um Hildegard und die zurückgelassenen Gasflaschen zu holen. Wieder bei ColGas angekommen sind die Herrschaften dort inzwischen allerdings in der Mittagspause. Wir warten vor dem geschlossenen Schiebetor, bis sie zurückkommen. Dann wird auch die halbvolle Flasche problemlos gefüllt. Damit ist die sehr schweißtreibende und nervenaufreibende Gasbesorgungsaktion erfolgreich abgeschlossen, und wir fahren per Taxi zurück.
Abends gegen 18 Uhr werden wir regelmäßig auf dem Iguana 4×4-Werkstattgelände eingeschlossen, und jeweils am nächsten Morgen gegen 8 Uhr wird das Tor zur Straße hin von Werkstattleiter Jesús wieder aufgemacht. Dies ist etwas gewöhnungsbedürftig, hat aber den großen Vorteil, dass wir dadurch einen sehr sicheren Stellplatz haben, der außerdem noch über Toilette und Dusche verfügt. Von Samstagnachmittag bis Montagmorgen lassen wir uns ebenfalls einschließen. Wir nutzen die Zeit als Putz- und Flickstunde. Werkzeug aller Art und andere Hilfsmittel wie zum Beispiel Leitern sind schließlich in der Werkstatt in ausreichendem Maße vorhanden. Außerdem kann ich die Zeit gut brauchen, um eine kräftige Magen-/Darmverstimmung in aller Ruhe auszukurieren. Wir hatten auf der gesamten Reise sehr wenige Probleme mit diesem Thema, aber jetzt hat es uns beide der Reihe nach erwischt. Erst Hildegard und zwei Wochen später mich.

Kathedrale von Bogotá
Kathedrale von Bogotá
Im Stadtteil La Candelaria, dem historischen Zentrum von Bogotá
Im Stadtteil La Candelaria, dem historischen Zentrum von Bogotá

Für Besichtigungen in Bogotá haben wir bisher noch gar keine Zeit gehabt. Zumindest das weltberühmte Goldmuseum, das Museo del Oro, sowie das Botero-Museum wollen wir aber auf jeden Fall ansehen. Wir fragen den Niederlassungsleiter Mauricio, ob wir, obwohl das Auto bereits fertig ist, noch einen Tag länger bleiben dürfen. Mauricio ist wie immer sehr entgegenkommend. Natürlich dürfen wir. Als wir dann feststellen, dass das Museo del Oro montags geschlossen hat, verlängern wir mit Mauricios Zustimmung noch um einen weiteren Tag.
Die Haltestelle des sehr gut organisierten Bus-Systems Transmilenio von Bogotá ist ganz in der Nähe. Ohne Probleme fahren wir an zwei aufeinander folgenden Tagen die gut 10 km in die Innenstadt. Das historische Zentrum von Bogotá ist zwar nicht so grandios wie das von Quito, aber durchaus einen Besuch wert. Vor allem die Iglesia San Francisco, die älteste Kirche der Stadt, mit ihrem phantastischen Altarraum und der alten Holzdecke im Mudejar-Stil ist beeindruckend, aber auch die verwinkelten Gassen von La Candelaria sind sehr sehenswert. Ein besonderes Glanzstück ist das Botero-Museum, wo viele Bilder und Plastiken von Fernando Botero ausgestellt sind, aber auch Werke anderer bekannter Künstler. Botero wird in Kolumbien als eine Art lebendes Nationalheiligtum gesehen. Dem nach ihm benannten Museum in Bogotá hat er eine Vielzahl seiner Werke zur Verfügung gestellt, allerdings nur unter der Bedingung, dass der Eintritt für alle Besucher kostenlos ist. Bekannt ist Botero für seine praktisch immer sehr dicken Bildmotive, egal ob es sich um Tiere oder Menschen handelt. Immer wieder müssen wir beim Betrachten seiner Werke schmunzeln oder brechen sogar in schallendes Gelächter aus. Die gewählten Motive und ihre Ausführung sind immer wieder toll und oft auch überraschend. Zum Beispiel kommt mir das großformatige Bild einer sehr dicken Matrone irgendwie sehr vertraut vor. Dann lese ich den Bild-Titel „Mona Lisa“ und weiß warum. Das Botero-Museum macht einfach Spaß.

Botero-Bild „Mona Lisa“
Botero-Bild „Mona Lisa“

Auch das Museo del Oro, das wir auf unserer zweiten Bustour in die Innenstadt kennenlernen, hält uns stundenlang gefangen. Gleich am Eingang wird auf einer langen Wand ein eindrucksvoller Zeitvergleich der verschiedenen Kulturen in den Amerikas, in Europa, Asien und Ozeanien durchgeführt. Es folgt die Darstellung der Entwicklung der Metallverarbeitung in den diversen vor allem südamerikanischen Kulturen. In den anschließenden Räumen werden ausführlich die verschiedenen Legierungen von Gold mit Kupfer und Silber erklärt. Es folgen unzählige filigrane Kunstgegenstände aus der vorkolumbianischen Zeit, meist aus Gold oder Tumbaga, einer Gold-Kupfer-Legierung, aber auch aus Muscheln, Keramik oder Stein. Alles ist ungeheuer eindrucksvoll. Nach ein paar Stunden sind wir nicht mehr aufnahmefähig, dafür aber völlig ermattet.

Abschiedsfoto mit Iguana 4x4-Niederlassungsleiter Mauricio
Abschiedsfoto mit Iguana 4×4-Niederlassungsleiter Mauricio
In der Salzkathedrale von Zipaquirá. Sowohl der trompetende Engel als auch das riesige Kreuz im Hintergrund sind aus dem Salzgestein herausmodelliert.
In der Salzkathedrale von Zipaquirá. Sowohl der trompetende Engel als auch das riesige Kreuz im Hintergrund sind aus dem Salzgestein herausmodelliert.

Vor unserer Abfahrt bedanken wir uns bei Mauricio und Jesús mit je einer Flasche chilenischen Rotweins, machen noch ein paar Abschiedsfotos und verabschieden uns äußerst herzlich. Und schon eine gute Stunde später sind wir in Zipaquirá nördlich von Bogotá an der unterirdischen Salz-Kathedrale. Diese ist unerwartet eindrucksvoll. Sie wurde in einer aktiven Salzmine aus dem 250 Millionen Jahre alten Salzgestein herausgeschnitten. Breite Wege führen an den 14 unterirdischen Kreuzweg-Stationen vorbei, die bunt, meistens jedoch in Blautönen, angestrahlt sind. Die sogenannte Kathedrale am Ende des begehbaren Teils ist 120 m lang und 22 m hoch und damit unglaublich riesig. Hoffentlich ist das Ganze auch ausreichend stabil. Wir haben da gewisse Zweifel, erreichen jedoch lebend und unversehrt wieder den Ausgang.
Unser Tagesziel ist die im Jahre 1572 gegründete Kolonialstadt Villa de Leyva. Diese Stadt mit ihren kieselsteingepflasterten, sehr unebenen Straßen ist nahezu perfekt erhalten und wurde 1954 zum Nationaldenkmal erklärt. Sie ist ein ausgesprochenes Touristenziel mit einer Vielzahl an Unterkunftsmöglichkeiten, Restaurants und Kunsthandwerk-Läden. Im Umfeld der Stadt haben sich hunderte wohlhabende Bürger von Bogotá Wochenend-Häuser oder besser gesagt Wochenend-Villen gebaut.

Triceratops im Gondava-Park
Triceratops im Gondava-Park
Der El Fósil genannte versteinerte Kronosaurus
Der El Fósil genannte versteinerte Kronosaurus

Um Villa de Leyva herum gibt es etliche Fundstellen von urzeitlichen Versteinerungen. Der berühmteste Fund ist ein El Fósil genannter Kronosaurus. Diesen wollen wir bei unserer Ankunft zunächst besichtigen, geraten aber durch missverständliche Beschilderung zu einem Gondava genannten Freizeitpark, in dem alle möglichen Saurier-Attrappen in einem dafür wirklich sehr gut geeigneten Gelände drapiert sind. Da wir schon mal da sind, gehen wir auch rein, obwohl uns unser Irrtum am Kassenhäuschen klar gemacht wird. Und es ist tatsächlich ganz nett. Mal unter einem Brontosaurus in voller Größe zu stehen, auch wenn es nur eine Attrappe ist, hat durchaus was. Den Kronosaurus sehen wir schließlich auch noch – im nahegelegenen Museum. Dieses ist an der originalen Fundstelle um das versteinerte Skelett herum gebaut.

An der Plaza Mayor von Villa de Leyva
An der Plaza Mayor von Villa de Leyva
Iglesia Paroquial
Iglesia Paroquial
Plaza Mayor, von der Kirche aus gesehen
Plaza Mayor, von der Kirche aus gesehen
Im Zentrum von Villa de Leyva
Im Zentrum von Villa de Leyva

Wir finden unseren Stellplatz für die nächsten Tage beim sehr angenehmen Renacer Hostal etwa einen Kilometer vom Stadtkern entfernt. Zwischen Stadt und Hostal liegt im Wald versteckt ein großer Militärstützpunkt, und uns wird glaubhaft versichert, dass man sich in der Stadt völlig ungefährdet bewegen kann. Den Weg hinunter in die Stadt und zurück, an den stets freundlich grüßenden Soldaten vorbei, machen wir in den folgenden Tagen x-mal. Villa de Leyva ist einfach nur toll, mit einem geschlossenen Stadtbild, bei dem kein einziges Gebäude aus dem Rahmen fällt. Das unbestrittene Zentrum ist die Plaza Mayor, mit 120 m x 120 m einer der größten zentralen Plätze in Lateinamerika. Wir erfahren, dass vor Jahrzehnten auf Anordnung des Alcalden (=Bürgermeisters) alle Bäume auf der Plaza entfernt wurden, um den jährlichen Flugdrachen-Wettbewerb besser durchführen zu können.

Vor der „Dorfkneipe“ in Villa de Leyva
Vor der „Dorfkneipe“ in Villa de Leyva
Weitere Gäste vor der „Dorfkneipe“
Weitere Gäste vor der „Dorfkneipe“

Überrascht sind wir, als wir an der Plaza vor der „Dorfkneipe“ stehen. Diese wurde vor 16 Jahren von Manfred aus Weinsberg bei Heilbronn gegründet. Wie Manfred uns erzählt, wollte der Alcalde vor der Eröffnung wissen, was das Wort Dorfkneipe denn zu bedeuten habe. Die Übersetzung Taverna del Pueblo war ausreichend, um das OK des Dorfchefs zu bekommen. Manfred hat ihm dann noch schmunzelnd versprochen, bei einer eventuellen Erhebung von Villa de Leyva zur Stadt seine Dorfkneipe in Stadtschenke umzubenennen.

Mit Guía Angela unterwegs
Mit Guía Angela unterwegs
Vor dem Aufstieg zum Paseo del Angel
Vor dem Aufstieg zum Paseo del Angel

Mit Guía Angela machen wir einen Tagesausflug in die Umgebung von Villa de Leyva. Mit dem Auto fahren wir gute 20 km bis kurz hinter Santa Sofia. Dann heißt es aussteigen. Es geht durch einen Trockenwald hinunter in eine Schlucht, in die normalerweise ein großer Wasserfall hineinstürzt. Zurzeit allerdings leider nicht. Der für Oktober fest eingeplante Regen ist wegen des El-Niño-Einflusses nicht gekommen, und es hat über ein halbes Jahr nicht mehr geregnet. Der Wasserfall hat keinen Tropfen Wasser. Unten steht immerhin noch eine kleine Pfütze Wasser mit einigen überlebenden Fischen.

Aufstieg zum Paseo del Angel
Aufstieg zum Paseo del Angel
Auf dem Paseo del Angel
Auf dem Paseo del Angel
Die beiden Damen haben die kritische Stelle bereits geschafft
Die beiden Damen haben die kritische Stelle bereits geschafft

Das Hauptziel des Tages ist jedoch der Paseo del Angel, der Engelspfad. Er liegt auf Privatgelände, und wir müssen pro Person umgerechnet einen knappen Euro Eintritt zahlen. Zuerst geht es längere Zeit durch ein fast völlig ausgetrocknetes, aber tief ausgespültes felsiges Flussbett. Wo sich der zurzeit nicht existierende Fluss über eine Felskante in die Tiefe stürzt, machen wir Mittagspause und beginnen anschließend den Aufstieg zum Paseo del Angel. Es geht steil hoch, und links und rechts des Weges steil runter. Und zwar richtig steil. Es ist ein toller Weg. Die kritische Stelle ist nur vielleicht 20 cm oder 30 cm breit und etwa drei Schritte lang. Aber auf der rechten Seite mit kräftigem Hinterschnitt, und auf beiden Seiten geht es steil bergab. Manfred hatte uns erzählt, dass früher die Dorfjugend als Mutprobe mit dem Fahrrad über den Paseo del Angel gefahren ist. Uns reicht jedoch schon das Zufußgehen völlig aus. Und wir sind froh, dass der (Schutz-) Engel auf seinem ureigenen Pfad gut auf uns aufgepasst hat.
Barichara ist die nächste von uns besuchte Kolonialstadt. Sie liegt ein paar Fahrstunden nördlich von Villa de Leyva, stammt jedoch nicht wie diese aus dem 16., sondern aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, ist also wesentlich jünger. Das Stadtbild ist folglich auch deutlich anders und erinnert mehr an San Agustín als an Villa de Leyva. Die Straßen sind durchgehend mit glatten, gut begehbaren Steinplatten belegt, und die Plaza wirkt wie ein dicht bewachsener Urwald. Beides sind krasse Gegensätze zu Villa de Leyva.

Die Polizei weist uns in Barichara unseren Stellplatz zu
Die Polizei weist uns in Barichara unseren Stellplatz zu
An der Plaza von Barichara
An der Plaza von Barichara
Tolle Kolonialarchitektur in Barichara
Tolle Kolonialarchitektur in Barichara
Überall in Barichara das einheitliche, gut begehbare Pflaster aus Steinplatten
Überall in Barichara das einheitliche, gut begehbare Pflaster aus Steinplatten

In Barichara gibt es keinen organisierten Stellplatz für Overlander. Folglich fragen wir auf der Plaza zwei Polizisten, wo wir in Barichara mit unserer Leoni stehen können. Kurzentschlossen fahren sie mit ihrem Auto voraus und weisen uns einen Übernachtungsplatz am Stadtrand hoch über der tiefen Schlucht des Rio Suarez zu. Ein Platz mit großartiger Aussicht! Wir unterhalten uns noch angeregt mit den Beiden und machen ein paar Erinnerungsfotos. Die Polizisten versichern uns, dass wir hier unbesorgt übernachten können und dass es in Barichara keinerlei Sicherheitsprobleme gibt.

Auf dem Camino Real von Barichara nach Guane (1)
Auf dem Camino Real von Barichara nach Guane (1)
Auf dem Camino Real von Barichara nach Guane (2)
Auf dem Camino Real von Barichara nach Guane (2)
Kirche im bereits 1540 gegründeten winzigen Dorf Guane
Kirche im bereits 1540 gegründeten winzigen Dorf Guane
Gut gemeinter Hinweis an der Plaza von Guane: No tome viagra, tome leche de cabra (Nimm nicht Viagra, nimm Ziegenmilch)
Gut gemeinter Hinweis an der Plaza von Guane: No tome viagra, tome leche de cabra (Nimm nicht Viagra, nimm Ziegenmilch)

Nicht versäumen sollte man als Besucher die etwa zweistündige Wanderung auf dem Camino Real von Barichara nach Guane. Dieser Weg geht auf präkolumbianische Zeit zurück und wurde 1864 von einem deutschen Siedler erneuert. Zuerst geht es von Barichara aus steil in die Schlucht hinunter, im weiteren Verlauf wird es dann aber flacher. Der Weg ist mit klobigen Steinen ausgelegt, lose Steinmauern links und rechts halten das Vieh zurück und machen Stacheldraht überflüssig. Der Weg ist einfach nur wunderschön. So ungefähr stellen wir uns den Jakobsweg nach Santiago de Compostela in Spanien vor, den wir auch irgendwann einmal in Angriff nehmen wollen. Von dem schon 1540 gegründeten winzigen Dorf Guane aus fahren wir nach einer längeren Pause auf der Plaza mit dem Bus nach Barichara zurück.

Abendstimmung an unserem von der Polizei zugewiesenen Übernachtungsplatz in Barichara
Abendstimmung an unserem von der Polizei zugewiesenen Übernachtungsplatz in Barichara

Auf der weiteren Fahrt in Richtung Karibik-Küste machen wir den nächsten Übernachtungsstopp am eindrucksvollen Cañon de Chicamocha, der tief, steil und wüstenartig ist und uns irgendwie an die Kali Gandhaki in Nepal erinnert. Nach nur kurzer, aber serpentinenreicher Strecke am folgenden Morgen, zuerst in die tiefe Schlucht hinunter und dann auf der anderen Seite wieder herauf, erreichen wir die Millionenstadt Bucaramanga. Unser Navigationssystem schickt uns geradeaus mitten durch das Stadtzentrum. Ein eigentlich nicht übersehbares Schild mit der Aufschrift „Via al Mar“ (Straße zum Meer) weist jedoch nach rechts. Alle Autos folgen diesem Hinweis und fahren rechtsrum. Nur wir nicht. Nach vielleicht 100 Metern stellen wir dann fest, dass wir auf einer Straße unterwegs sind, die für Omnibusse reserviert ist. Aber wo ist der richtige, der legale Weg? Wir haben keine Ahnung. Das Navigationssystem ist natürlich weiterhin der Meinung, dass wir genau richtig sind. Also fahren wir weiter, quasi im Omnibus-Modus. Ein Polizist, der an einer Straßenkreuzung rechts ans Fenster klopft, wird von mir ignoriert. Ich habe ihn leider nicht gesehen und fahre weiter. Und irgendwann sind wir durch. Das Ganze ging in Summe erstaunlich gut – und wahrscheinlich deutlich schneller als auf dem eigentlich für uns vorgesehenen Weg.
Um die Mittagszeit haben wir die Berge der Cordillera Oriental hinter uns und sind in der Flussebene des Rio Magdalena auf nur noch ca. 50 m über dem Meer angekommen. Die Straße wird vierspurig, wenn auch immer wieder mit kleinen Unterbrechungen, und es geht zügig voran. Die Außen-Temperaturen bewegen sich jetzt ziemlich konstant zwischen 37 Grad und 40 Grad. Etwa 30 km südlich von Bosconia übernachten wir bei einem Restaurant am Straßenrand. Eigentlich ist es aber mehr ein Zoo. Mit Gänsen, Enten, Hühnern, Leguanen, Agutis, Pfauen, Truthühnern, Hunden, Katzen und sogar einem kleinen Tapir.
Es folgt eine unangenehm heiße Nacht. Am frühen Morgen haben wir in der Kabine noch 28 Grad. Draußen sind es immerhin auch 25 Grad. Wir brechen zügig auf und kommen gut voran. Die 260 km bis zum Tagesziel Palomino, schon im nordöstlichsten kolumbianischen Departamento La Guajira und ca. 100 km östlich der Küstenstadt Santa Marta, schaffen wir bis zum Mittag. Wir checken bei der Finca Escondida ein, direkt am türkisfarbenen Meer und unter Palmen. Es wimmelt geradezu von – vor allem sehr jungen – Rucksack-Touristen. Wir beiden sind locker doppelt so alt wie der Durchschnitt und ungefähr die Einzigen, die nicht von oben bis unten tätowiert sind.

Karibikstrand bei Palomino
Karibikstrand bei Palomino

In den folgenden Tagen genießen wir das geruhsame Strandleben. Nur zwei Themen trüben die Stimmung ein ganz klein wenig. Zum Einen ist das Schwimmen im Meer problematisch. Die Brandung ist sehr stark, was den vielen jungen Surfern gut gefällt, das Baden und vor allem das Schwimmen aber schwierig, wenn nicht sogar gefährlich macht. Das zweite kritische Thema heißt Internet. Auf der Finca Escondida gibt es keins. Wir müssen immer wieder in ein zehn Minuten entferntes Hostal hinüberlaufen, wo man den stundenweisen Zugang zum Internet für 5.000 Pesos kaufen kann. Das wäre noch nicht weiter schlimm, aber das Netz ist sehr schwach und bricht immer wieder mal zusammen. Für die Organisation der in Kürze anstehenden Verschiffung von Leoni nach Panama und verschiedene andere zu regelnde Themen keine gute Randbedingung. Aber irgendwie bekommen wir das auch hin.

Indio in traditioneller Tracht am Strand von Palomino
Indio in traditioneller Tracht am Strand von Palomino

Die Sierra Nevada de Santa Marta, die sich unmittelbar hinter uns erhebt, ist das höchste Küstengebirge der Welt. Der nur 40 km vom Meer entfernte Pico Cristobal Colón ist mit 5.775 m Höhe sogar der höchste Berg Kolumbiens. Leider bekommen wir die schnee- und eisbedeckten Bergspitzen nur ab und zu in den frühen Morgenstunden zu sehen, und das auch nur ziemlich undeutlich. In den Bergen liegt nicht nur die berühmte Ciudad Perdida, die Verlorene Stadt, sondern auch das Siedlungsgebiet einiger noch sehr traditionell lebender Indio-Völker, zum Beispiel der Kogi und der Wayyú. Vereinzelt sehen wir Angehörige dieser Völker am Straßenrand oder auch mitten in Palomino. Das Gemisch von leicht bekleideten Touristen und traditionell gewandeten Indios wirkt auf uns höchst merkwürdig. Hier prallen im wahrsten Sinne des Wortes Kulturen aufeinander.

Auf dem Campingplatz von Los Angeles
Auf dem Campingplatz von Los Angeles
Strand von Los Angeles von einer Anhöhe aus gesehen
Strand von Los Angeles von einer Anhöhe aus gesehen
Pelikane sind die dominierende Vogelart
Pelikane sind die dominierende Vogelart
Fischadler mit fetter Beute
Fischadler mit fetter Beute

Nach ein paar Tagen brauchen wir Veränderung. Wir wechseln den Strand und fahren zurück nach Los Angeles, unmittelbar östlich vom Tayrona-Nationalpark und nur 40 km von Palomino entfernt. Hier liegt ein wunderschöner Campingplatz in einem Kokospalmenhain direkt am Meer. Der weiße Sandstrand ist kilometerlang und praktisch völlig leer. Die paar Übernachtungs- und Tagesgäste des Campingplatzes fallen kaum ins Gewicht. Es gibt keine nennenswerte Ansiedlung in unmittelbarer Nähe, keine Stacheldrahtzäune mit Privado-Schildern wie noch in Palomino, nur Sonne, Palmen, Sand und Meer. Ein richtiges kleines Paradies. Obwohl Baden im Meer hier noch kritischer ist als in Palomino und es nirgendwo Internet gibt, halten wir es hier problemlos fast eine ganze Woche aus.
Doch irgendwann müssen wir weiter nach Cartagena. Von dort aus steht die Verschiffung von Leoni nach Panama an. Die ist leider unumgänglich, weil die Panamericana an der Grenze von Kolumbien und Panama unterbrochen ist. Ein ca. 90 km langes Straßenstück fehlt, und die beiden betroffenen Länder haben ganz offensichtlich kein Interesse, diesen Zustand zu ändern. Es gibt schließlich eine ganze Reihe von Menschen und Institutionen, die von dieser Situation profitieren. Das Hinüber-Transportieren von Leoni auf einem sogenannten Flatrack, quasi einem Container ohne Seitenwände und Dach, das gerade mal 32 Stunden dauert, kostet mehr als seinerzeit der knapp vier Wochen dauernde Transport von Hamburg nach Montevideo.

Yachthafen und Skyline der Neustadt von Cartagena
Yachthafen und Skyline der Neustadt von Cartagena

Auf unserem sehr günstig gelegenen Stellplatz im Hof des Hotels Bellavista in Cartagena lernen wir unsere Verschiffungspartner Detlef und Rosemarie kennen, mit denen wir uns ein Flatrack teilen werden. Wir besprechen den gesamten sehr komplexen Ablauf der Verschiffung mit dem lokalen Agenten Manfred Alwardt, kaufen Flugtickets nach Panama und bereiten alle möglichen weiteren Dinge vor. Die Verschiffung ist übrigens nicht nur komplex, sondern auch sehr zeitaufwendig. Am Freitagmorgen, 12.2.16, soll es in aller Frühe zur Zollabnahme von Leoni in den Hafen gehen. Danach wird unser Camper auf dem Flatrack verzurrt, und wir müssen die anschließenden Tage mit einem Hotelzimmer vorlieb nehmen. Zur voraussichtlich sehr intensiven Drogenkontrolle unseres Fahrzeugs kommt es dann am Sonntag oder Montag. Die Abfahrt „unseres“ Schiffes, der Hansa Freyburg, findet voraussichtlich am Montagabend statt. Nach einer letzten Übernachtung in Cartagena, der allerletzten von sehr vielen Übernachtungen in Südamerika, fliegen wir nach Panama, fahren mit dem Taxi weiter zum Hafen nach Colón, übernachten dort, und am Mittwoch, 17.2.16, nach einem wahrscheinlich weiteren spannenden Tag mit viel Bürokratie bekommen wir dann hoffentlich unsere Leoni unversehrt wieder.

In der Altstadt von Cartagena
In der Altstadt von Cartagena
Palenqueras verkaufen Früchte an Touristen
Palenqueras verkaufen Früchte an Touristen
Vor der „Liegenden Nackten“ von Fernando Botero auf der Plaza de Santo Domingo
Vor der „Liegenden Nackten“ von Fernando Botero auf der Plaza de Santo Domingo

Solange wir noch in Cartagena sind, haben wir ausreichend Zeit, uns ausführlich die herrliche Altstadt anzusehen. Die noch fast komplett erhaltene Stadtmauer ist nur ca. 10 – 15 Minuten zu Fuß vom Hotel Bellavista entfernt. Und Cartagena ist ganz sicher eine der schönsten und eindruckvollsten Städte, die wir je gesehen haben. Große Teile sind prächtig renoviert. Die Sanierung der Stadt ist allerdings noch keineswegs abgeschlossen. Einige Gebäude, bei denen schon kleine Bäumchen auf den Balkonen und durchs Dach wachsen, haben die Renovierung erkennbar noch vor sich. Doch Sanierung hin, Sanierung her, Cartagena ist keine Museumsstadt. Die Straßen des historischen Zentrums sind voller Leben. Touristen, Obstverkäufer, Geschäftsleute, Pferdedroschken, Müllabfuhr, leider auch PKWs, alles quirlt wild durcheinander. Teure Boutiquen, Hotels und Restaurants wechseln sich ab mit kleinen Läden zur Deckung des täglichen Bedarfs der lokalen Bevölkerung. Es lohnt sich unbedingt, hier ein paar Tage zu verweilen.

3 Comments

  1. René said:

    Hallo Ihr beiden,
    schön wieder von euch zu lesen. Ich hoffe dass ihr nun nach Reparaturen in La Paz, Lima, Quito und nun Bogota zunächst mal ein wenig Ruhe mit diesem Thema habt. Die beiden Berichte über Kolumbien machen Lust selbst in dieses abwechslungsreiche Land zu fahren, was wir wohl nächstes Jahr anpacken werden.
    Euch noch viel Erfolg bei der Wiederbeschaffung/Auslösung Leonis und eine gute Weiterfahrt.
    Liebe Grüße René

    14. Februar 2016
    Reply
  2. Bernd said:

    Hallo Leoni Team.
    sorry, dass ich mich erst jetzt melde. Bin eben erst aus der D.R. Kongo und aus Angola zurück und kann beide Länder, vor allem Angola, nur empfehlen.
    Schön, dass Euch jetzt endlich die Kollegen sichere Übernachtungsplätze zuweisen. Ich hoffe, die machen das kostenlos und erwarten kein Trinkgeld dafür?
    Da Leoni jetzt wieder in neuem Glanz erstrahlt, bin ich sicher, Ihr werdet damit auch noch durch Afrika fahren. Ein Highlight wird dann sicher Angola sein, auch was die Anzahl und Größe der Schlaglöcher betrifft. Unser kleiner Mietwagen verschwand in so manchem Schlagloch komplett.
    Aber noch seid Ihr ja in der neuen Welt und habt noch einiges vor.
    Weiterhin gute Fahrt.
    Bernd

    25. Februar 2016
    Reply
  3. Hans-H. Henze said:

    Hallo Herr Thoren,
    Sie schreiben da einen sehr interessanten, informativen und schönen Reisebericht.
    Wenn ich das lese, bin ich gefühlte 7000 km vom Ärztehaus entfernt.
    Alles Gute für den weiteren Weg.
    Hans-H. Henze

    25. Februar 2016
    Reply

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